Deutschland zieht durch ein sensationelles 7:1 gegen Gastgeber Brasilien zum achten Mal in das Finale einer Fußball-Weltmeisterschaft ein

Belo Horizonte. Welch eine Sensation des Weltfußballs, welch ein großartiger, glanzvoller Triumph der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Und welch ein Jubel nach dem Schlusspfiff. Der 7:1-Sieg im WM-Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien am späten Dienstagabend löste eine kaum mehr zu steigernde Freude und Euphorie bei den Fans vor Ort und in ganz Deutschland aus. Ganz gleich, ob am Sonntag Argentinien oder die Niederlande der Endspielgegner sein werden, das deutsche Team gilt als klarer Favorit in diesem Finale.

Dass dieser 8. Juli ein Tag von historischer Bedeutung werden würde, war schon vor dem Anpfiff klar. Denn: Am 8. Juli 1982 besiegte Deutschland im WM-Halbfinale Frankreich nach dem wahrscheinlich besten WM-Spiel aller Zeiten mit 4:3 nach Verlängerung. Am 8. Juli 1990 wurde Deutschland nach dem 1:0-Sieg gegen Argentinien Weltmeister. Und nun ebendieser 8. Juli 2014, an den deutsche Fans wohl noch sehr viel länger zurückdenken werden.

Dem Anlass entsprechend verzichtete Bundestrainer Joachim Löw erstmals bei dieser WM auf Überraschungen in der Startelf. Getreu Konrad Adenauers Motto hieß es auch für den Bundestrainer in Belo Horizonte: Keine Experimente. Und schnell war klar: Es war eine deutsche Startelf, die Fußballgeschichte schreiben sollte. Denn trotz eines zunächst fanatischen Publikums ganz in Gelb, das die brasilianische Nationalhymne in ohrenbetäubender Lautstärke mitsang, war es von der ersten Minute an eine deutsche Fußballdemonstration, wie es sie bei Weltmeisterschaften noch nie gegeben hat. Ganze zehn Minuten lang ließ die DFB-Auswahl die Seleção auf Augenhöhe mitspielen, ehe Löws Mannschaft Ernst machte. Eine Ecke des überragenden Toni Kroos verwandelte Thomas Müller direkt (11.). Sein fünfter Turniertreffer, sein zehntes WM-Tor – und vor allem: der Anfang vom Ende Brasiliens.

Müllers Führungstreffer wirkte auf den paralysierten Gastgeber schlimmer als der Schock um den Ausfall von Superstar Neymar, der an allen Ecken und Enden fehlte. Tagelang hatte das ganze Land über den Bruch seines Lendenwirbels getrauert – und nach wenigen Minuten wusste jeder im Stadion warum. Deutschland kombinierte, Deutschland spielte, und Deutschland traf völlig ungeniert und ohne Gnade weiter.

So waren gerade mal 22 Minuten absolviert, ehe das Spiel bereits entschieden schied. Erneut war es Kroos, der nach diesem Spiel sicherlich für mehr als die kolportieren 30 Millionen Euro von Bayern zu Real Madrid wechseln wird, der den nächsten Treffer initiierte. Seine Vorarbeit legte Müller geschickt auf Offensivpartner Klose ab, der im zweiten Anlauf auf 2:0 erhöhte. Ein historischer Treffer, der Brasilien doppelt weh tat. Denn mit seinem insgesamt 16. WM-Treffer überholte der Wahl-Römer in der ewigen Torjägerliste sogar „O Fenomeno“ Ronaldo.

Von nun an waren in Brasiliens vorher so hochgelobter Abwehr, in der Bayerns Dante für den gelbgesperrten Thiago Silva „verteidigte“, alle Dämme gebrochen. Nur zwei Minuten später war es Kroos, der allerletzte Zweifel ausräumte und aus 16 Metern zum 3:0 vollendete (25.). Weil es so schön war, erhöhte der beste Mann auf dem Platz, der in dieser Form sicher beste Chancen auf die Auszeichnung „Spieler des Turniers“ hat, nur Sekunden später zum 4:0 (26.). Nie hat eine deutsche Mannschaft besseren Fußball zelebriert.

Doch die beste halbe Stunde der deutschen Fußballgeschichte war noch nicht vorbei. Gerade mal vier Minuten später passte Khedira zum endlich starken Mesut Özil, der spielte zurück – der Rest war für Khedira nur noch Formarbeit. 5:0 in einem WM-Halbfinale – so etwas hat es noch nicht gegeben.

„Oh, wie ist das schön, oh, wie ist das schön“, sangen die Schlachtenbummler, die sich nun umso mehr auf Deutschlands achtes WM-Finale am Sonntag (21 Uhr) freuen dürfen. Und die Zielsetzung im sagenumwobenen Maracanã dürfte klar sein: ganz einfach erneut Fußballgeschichte schreiben.

Deutschland schonte sich für das Finale, Brasilien versuchte den Schaden zu begrenzen. Dies gelang nicht. Nach dem 6:0 und 7:0 jeweils durch den eingewechselten André Schürrle gab es sogar Beifall von den brasilianischen Fans. Über Oscars Ehrentor zum 7:1-Endstand jubelte keiner mehr.