Ein Kommentar von Björn Jensen

Es mag ein oft strapaziertes Sprichwort sein, dass die Offensive Spiele gewinnt und die Defensive Meisterschaften. Aber dass die Teams, die bei dieser WM die Gruppenphase überstanden haben, an seine Gültigkeit glauben, verrät schon der Blick auf die Torquote. Fielen in der Vorrunde durchschnittlich 2,83 Treffer pro Partie, so waren es in vier Viertelfinals lediglich 1,25, das Elfmeterschießen der Niederländer gegen Costa Rica nicht eingerechnet. Die Helden der K.-o.-Runden, das sind bislang nicht Stürmer wie Müller, Messi oder Rodríguez, sondern Abwehrspieler wie Hummels und Thiago Silva oder Torhüter wie Neuer, Navas und Krul.

Das schöne Offensivspektakel, das die vielen Gelegenheitsgucker so begeistert hat, soll also schon wieder vorbei sein, lange bevor der Titel verteilt ist? Schon hörte man nach dem 1:0-Sieg der Deutschen gegen Frankreich Klagen über Langeweile. Und die Holländer, die in der Vorrunde Titelverteidiger Spanien 5:1 abschießen, schaffen in 120 Viertelfinalminuten kein Tor gegen Costa Rica? Schwach!

Nein, nicht schwach. Unsinn. Im Viertelfinale standen die acht Gruppensieger. Das Niveau ist in dieser Phase eines Turniers derart ausgeglichen, dass ein Fehler entscheiden kann, und genau diesen versuchen die Mannschaften zu vermeiden, indem sie vorrangig defensiv stabil stehen. Das mag man unattraktiv finden – oder man begeistert sich an der Fähigkeit dieser Teams, sich umzustellen von Spektakel- auf Ergebnisfußball. Deutschland ist an dieser Umstellung 2010 nach berauschenden Achtel- und Viertelfinalsiegen gescheitert. Hoffen wir heute auf ein „langweiliges“ 1:0!