Mats Hummels war mit seinem Kopfballtor der Sieggarant gegen Brasilien. Er ist still und unnahbar – ganz im Gegensatz zu seiner Freundin Cathy

Santo André. Mats Hummels ist Fußballer. Klar. Ein ziemlich guter sogar. Vielleicht sogar einer der besten dieser Weltmeisterschaft. Doch vor dem Halbfinale gegen Brasilien am Dienstag könnte man auch die etwas gewagte These aufstellen, dass der Dortmunder ein Kopfballer ist. Immerhin hat Fußballer Hummels beim Viertelfinalsieg gegen Frankreich nahezu jedes Kopfballduell gewonnen, hat zudem in Rio de Janeiro seinen zweiten WM-Kopfballtreffer erzielt. Und, wenn es stimmt, was alle sagen, dann ist Hummels ohnehin ein Kopfmensch. Ein nachdenklicher Profi, der seinen eigenen Kopf hat und der sich nicht scheut, diesen auch zu benutzen. Auf und abseits des Feldes.

Doch manchmal muss man seinen Kopf eben auch mal abschalten können.

Am Morgen nach dem Einzug ins vierte WM-Halbfinale in Folge zum Beispiel. Den freien Tag, den Bundestrainer Joachim Löw seinem Team nach dem 1:0-Sieg gegen Frankreich gewährte, verbrachte der Matchwinner am Strand. Schwarze Badehose, schwarze Sonnenbrille, schwarze Wuschelfrisur. Etwas Farbe ins Spiel brachte nur seine Freundin Cathy Fischer im rosa Kleidchen und mit rosa Blümchen in den Händen an seiner Seite.

Nun könnte man meinen, dass eine herausragende Partie in einem WM-Viertelfinale reichen sollte, um in den Tagen danach medial als Fußballer entsprechend gewürdigt zu werden. Doch Fußball ist auch ein Geschäft. Kaum einer weiß das besser als Kopfballer Hummels. Und so gesehen dürfte es den smarten Defensivkünstler kaum verwundert haben, dass am Wochenende weniger sein so wichtiger Kopfballwischer als wieder mal seine Liaison mit Freundin Cathy im Zentrum der Berichterstattung stand. Die „Bild am Sonntag“ druckte ein Bild des „Traumpaars beim Strandspaziergang“ über eine ganze Seite, daneben stand Fischers WM-Kolumne „Cathy geht style“. „Hallo Deutschland, habt ihr das Herz gesehen, das ich nach dem 1:0 gegen Frankreich auf der Tribüne mit meinen Händen in der Luft geformt habe?“, fragte sie, und gab die Antwort dann selbst: „Ja, natürlich war es für Mats!“

Manchmal ist es eben besser, wenn man seinen Kopf auch mal ausschalten kann.

Seit sieben Jahren sind Hummels und Fischer, 26, ein Paar. Ein ziemlich ungleiches. Er will öffentlich über die Liaison nicht sprechen. Sie dafür umso mehr. Beinahe täglich versorgt die frühere „Miss FC Bayern“ Fußball-Deutschland mit ihrer Sicht der Fußball-Welt. Sie selbst bezeichnet sich als „Klatschtante“, die sich vor allem um Tratsch kümmere, womit sie ihre Boulevard-Tätigkeit tatsächlich sehr treffend beschrieben hat.

Am Freitag verriet Fischer, dass ihr zuvor kränkelnder Mats vor allem dank ihres berühmten Soja-Lattes wieder fit geworden sei. Man kann sich denken, was die anderen Nationalspieler von Fischers Reporterqualitäten halten. Offiziell sagen will aber niemand etwas. Und wenn doch, dann würden Hummels sicherlich einige passende Worte dazu einfallen.

Der 26 Jahre alte Fußballer, so schrieb es mal die „Zeit“, ist kein Typ für den Mittelweg. Hummels ist smart und intelligent, er kann sich ausdrücken wie kaum ein anderer Fußballer. Er ist der Thomas Müller der Abwehr: erfolgreich, beliebt und klug. Doch anders als der Münchner Müller wirkt der Dortmunder Hummels auch unnahbar und sogar ein wenig blasiert. Ihm sei wichtig, dass er sagt, was er denkt, erklärte er mal. Er ist anders, er weiß dass er anders ist, und er scheint stolz, dass er anders ist.

Dabei ist es im Fußball oft einfacher, wenn man eben nicht so viel nachdenkt.

Vor der EM 2012 zum Beispiel. Da erwägte Hummels sogar einen Medienboykott, weil ihm ein extrem kritisches Porträt im „Spiegel“ nicht gefallen habe. Seine Mutter, selbst Sportjournalistin, habe damals sogar ernsthaft überlegt, das seit 20 Jahren bestehende Abo des Nachrichtenmagazins zu kündigen, erzählte Hummels später einmal. Er selbst habe aber schon nach einem Tag wieder mit der Presse geredet. Vergessen hat er die aus seiner Sicht völlig überzogene Kritik indes nie.

Auch deswegen nicht, weil Hummels schon vor zwei Jahren einer der Leistungsträger bei der EM in Polen und in der Ukraine war. Freundin Cathy war seinerzeit noch keine Kolumnistin, sondern nur Spielerfrau. Doch ihr Mats spielte schon damals stark, modern und sehr durchdacht – bis zum Halbfinale gegen Italien. Da, so schien es, grübelte der Kopfballer Hummels im Zweikampf gegen Italiens Fußballer Cassano einen Moment zu lange. Der Zweikampf ging verloren, Deutschland schied aus. Und Hummels war einer der Sündenböcke.

Doch Hummels wäre nicht Hummels, wenn er diese Rolle widerstandslos akzeptiert hätte. „Jeder mit einigermaßen Fußballverstand hat doch gesehen, dass wir nicht wegen eines Zweikampfes ausgeschieden sind“, sagte er kurz nach der EM. „Auch vor dem zweiten Gegentor wurden Fehler gemacht, über die ich nicht so oft etwas gehört habe.“

Vielleicht stimmt es tatsächlich, dass sich Joachim Löw seinerzeit ein wenig mehr Demut von seinem selbstbewussten Abwehrhünen gewünscht hätte. So wird dem Nationaltrainer und dem Nationalspieler nicht immer das beste Verhältnis nachgesagt. Die Beziehung Löw/Hummels musste nach der EM tatsächlich eine größere Belastungsprobe bestehen, als das jemals bei dem Fußballer und seiner Freundin öffentlich wurde. Doch Hummels spricht darüber genauso gern, beziehungsweise ungern, wie über seine Beziehung zu Cathy.

Fakt ist aber, dass Hummels nach dem EM-Aus und einigen Spielen auf der Nationalmannschaftsbank sein Spiel umgestellt hat. Und darüber redet er auch. Sehr smart natürlich. „Ich musste mich bei der Nationalmannschaft umstellen, verzichte hier mittlerweile komplett auf lange Bälle und versuche auch nicht, jeden riskanten Pass zu spielen“, sagte Hummels. Er spiele nun sachlicher, mit weniger Schnörkeln. „Nach der Saison 2012/2013 habe ich mir geschworen: So viele einfache Gegentore nach einem Fehler von mir darf es nicht mehr geben“, sagte Hummels der „Süddeutschen Zeitung“, er spiele jetzt seriöser. „Ich habe mich wieder mehr auf mein Kerngebiet konzentriert.“

Mit Erfolg. 36-mal eroberte Hummels bei seinen vier bisherigen WM-Auftritten den Ball vom Gegner. Bezogen auf die Einsatzzeit war kein Spieler erfolgreicher. Im Halbfinale gegen Brasilien wird Löw erneut Hummels als Abwehrchef vertrauen. Schon im Viertelfinale stellte der von Manchester United und dem FC Barcelona umworbene Innenverteidiger Frankreichs Superstar Karim Benzema kalt. Hummels klärte mit dem Bauch, dem Knie – und natürlich dem Kopf.

Und Freundin Fischer? Die formte auf der Tribüne ihr Herz mit Daumen und Zeigefingern. Stolz war sie natürlich auf ihren Mats. Auf ihren Kopfballer. Auf ihren Fußballer.