Beim Trainingslager in Ostfriesland ging es in innovativen Wettkämpfen um die Steigerung der Wettkampfmentalität. Das Testspiel gegen den Rotenburger SV gewann das Team von Trainer Vrabec mit 7:0.

Middels. „Kommt Männer“, „noch einmal alles rausholen“, „ganz stark“. Es sind Anfeuerungsrufe wie diese, die in den vergangenen drei Tagen lautstark durch Ostfriesland hallten. Als beispielsweise Verteidiger Sören Gonther jene Zusprüche am Sonnabend über den Deich von Bensersiel brüllt, haben er und seine Teamkollegen des FC St. Pauli gerade eine 16 Kilometer lange Strecke zurückgelegt. In Fünferteams bekamen sie dabei ein Fahrrad zur Verfügung gestellt, höchstens zwei Profis durften zeitgleich darauf radeln, die anderen mussten laufen. Es war nur einer von mehreren Wettkämpfen, denen sich das Team im Trainingslager von Middels stellen musste. Spielerisch wurde Kondition gebolzt, enger zusammenrücken sollten sie auch bei einer Wattwanderung.

„Wir haben das Trainingslager unter das Motto ,Wettkampfmentalität’ gestellt“, erklärt Coach Roland Vrabec im Gespräch mit dem Abendblatt. „Gewinnen zu wollen, den inneren Schweinehund immer wieder überwinden zu müssen, das wollten wir hier vermitteln.“ Gerade in der Endphase der vergangenen Saison hatten Vrabec und seine Assistenten bei ihrer Elf den Siegeshunger und Führungspersönlichkeiten vermisst. Nun soll aus dem gesamten Kader eine sich selbst antreibende Kraft formiert werden. Bei einem Kleinfeldturnier, einer Schnellkrafteinheit auf dem Rasen, dem Fahrrad-Lauf-Wettkampf und einem Lattenschießen trainierten die Profis in Gruppen und bekamen Punkte für ihre Erfolge. „Es geht darum, Teamspirit zu erzeugen. Die Jungs sollen wissen, dass sie als Gruppe viel erreichen können. Sie sollen sich gegenseitig anfeuern und in schwierigen Situationen helfen. Wenn sie auf dem Platz vor Problemen stehen, sollen sie sich daran dann erinnern“, sagt der Trainer.

Rechtsverteidiger Bernd Nehrig, der mit seinem Team um Christopher Buchtmann, Markus Thorandt, Marcel Halstenberg und Kyong Rok-Choi die Endabrechnung der Wettkämpfe gewann, sieht in den ungewöhnlichen Einheiten Parallelen zum Spiel auf dem Rasen: „Auch auf dem Fahrrad mussten wir eine Taktik entwickeln und uns im Team coachen. Letztendlich müssen wir das dann auf das große Elf-gegen-Elf übertragen.“

Mit mehr Selbstvertrauen will St. Pauli in der kommenden Spielzeit in der Zweiten Liga angreifen. Torwarttrainer Mathias Hain, der beim letzten Aufstieg 2009/10 noch im Tor der Kiezkicker stand, rief seine Schützlinge am Hafen von Bensersiel bei der Siegerehrung des Rennens zum Träumen vom ganz großen Wurf auf. „2009 haben wir in der Vorbereitung in Teistungen einen solchen Wettkampf gemacht, danach sind wir aufgestiegen“, erzählte Hain dem Team: „Es könnte ein gutes Omen sein. Ihr habt Zusammenhalt, Taktik und Teamgeist gezeigt, bewahrt euch dies.“

Tatsächlich konnten Beobachter bei den Einheiten eine deutlich erhöhte Intensität erkennen. Auf dem Platz von Middels grätschten und schrien die Profis enorm viel. Der Kampf um die Plätze ist auch ob der mit den Neuzugängen Daniel Buballa, Michael Görlitz und Lasse Sobiech noch einmal erhöhten Qualität gestiegen. „Es ist deutlich zu sehen, dass der Konkurrenzkampf sehr hoch ist. Eine gewisse Mentalität ist erkennbar, ich sehe, dass sich die Spieler im Sommer Gedanken gemacht und viel vorgenommen haben“, bestätigt Vrabec.

Mit einem 7:0 (3:0) beim niedersächsischen Oberligisten Rotenburger SV blieb St. Pauli am Sonntagnachmittag auch im siebten Testspiel unbesiegt. John Verhoek und Christopher Nöthe (je 2), sowie Lennart Thy, Jan-Philipp Kalla und Dennis Daube erzielten die Treffer. Mit der Partie endete für Vrabecs Elf die erste Phase der Vorbereitung. In dieser Woche erhält die Mannschaft noch einmal Urlaub, ehe mit dem zweiten Trainingslager in Österreich vom 16. Juli an die heiße Phase eingeläutet wird. „Dann erfolgt der spielerische Feinschliff. Wir wollen frische Jungs haben, die Lust auf Fußball haben", erklärt Vrabec die Pause.

Spätestens dann soll auch der neue Stürmer an Bord sein. Sportchef Rachid Azzouzi blieb dem Trainingslager in Middels fern, um die Suche voranzutreiben. Nach der Absage von Wunschstürmer Fabian Klos beendete Vrabec die Spekulationen um den Letten Eduards Visnakovs: „Er wird jetzt nicht zu St. Pauli wechseln.“