Es wird eine Szene bleiben, die diese WM prägen wird wie kaum eine andere. Neymar weint vor Schmerzen, sein Traum vom WM-Sieg in seinem Heimatland endet auf einer Trage, ein Wirbelbruch wird später diskutiert. Und Kolumbiens Übeltäter Zúñiga, der dem brasilianischen Superstar mit voller Wucht in den Rücken gesprungen war, sieht für seine Attacke nicht einmal die Gelbe Karte.

Die Entscheidung des spanischen Schiedsrichters Carlos Carballo im südamerikanischen Viertelfinale ist symptomatisch für diese WM. „Die Messlatte für Gelbe Karten wird viel zu hoch angesetzt“, schimpft der einstige Schweizer Weltklasse-Referee Urs Meier: „Die Schiedsrichter lassen viel zu viel laufen.“ Und in der Tat wurden bei der WM 2010 noch 245 Gelbe Karten gezückt, in Brasilien sind es vor den letzten vier Spielen gerade 168. Statt sofort Grenzen zu setzen, werden Regelverstöße ignoriert, bis irgendwann das Geschehen eskaliert.

Opfer dieser offenbar von der Fifa ausgegebenen weichen Welle ist ausgerechnet die Spezies Fußballer, die den Schutz der Schiedsrichter braucht, um ihrem Zauber entfalten zu können.

Schuld haben allerdings auch wir Medien. Viel zu oft reden oder schreiben wir über die angeblich geforderte „internationale Härte“. Was für ein Blödsinn! Gerade eine WM bietet die Chance, dass sich noch mehr Menschen von diesem wunderbaren Spiel begeistern lassen. Aus Gelegenheitsguckern können echte Fans werden, fasziniert von der Kunst der wahren Artisten am Ball.

Und noch ein Wort zu Neymar selbst. Wer sich nun als deutscher Fan klammheimlich freut, weil die Finalchancen durch das Aus des Superstars steigen, mag Deutschland lieben, aber niemals dieses Spiel. In diesem Sinne: Gute Besserung, Neymar!