Die Umstellungen des Bundestrainers, Philipp Lahm auf die rechte Außenbahn, Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger zusammen als „Sechser“ im zentralen Mittelfeld, haben sich ausgezahlt. Doch es gibt noch viel zu tun.

Die äußeren Bedingungen in Rio de Janeiro waren brutal, aber wenn es ums Geld und entsprechende Fernseh-Übertragungszeiten für Europa geht, dann haben sich Sportler eben zu fügen. Das ist nun mal so. Das mag man bedauern, vor allem wenn die Fans dadurch um ein Spektakel gebracht werden, das beide Teams ihnen unter anderen Umständen wahrscheinlich geliefert hätten. Aber: Die Voraussetzungen waren für beide Mannschaften gleich, und die deutsche Elf hatte sich von Anfang an mit ihrer kontrollierten Spielweise hervorragend auf diese doch sehr schwierigen klimatischen Verhältnisse eingestellt. Das frühe Führungstor half sicherlich, ein paar Kräfte zu sparen.

Es war kein glanzvoller, am Ende dennoch verdienter 1:0-Erfolg. Die Umstellungen des Bundestrainers – Philipp Lahm aus dem defensiven Mittelfeld auf die rechte Außenbahn, Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger zusammen als „Sechser“ im zentralen Mittelfeld – haben sich ausgezahlt. Diese Mannschaft machte einen kompakten, sehr stabilen Eindruck. In der Vorwärts- wie in der Rückwärtsbewegung waren endlich Strukturen zu erkennen, die ich seit dem 4:0-Auftaktsieg gegen Portugal vermisst hatte.

Auch der für mich überraschende Wechsel in der Innenverteidigung – der schnellere Jerome Boateng für den kopfballstarken Per Mertesacker – war gegen die flinken Franzosen die richtige Entscheidung Joachim Löws. Das Spiel gab ihm auch in diesem Punkt recht. Die Franzosen kamen zwar zu einigen guten Chancen, doch dafür haben wir schließlich den besten Torhüter der Welt. Manuel Neuer durfte diesmal zeigen, dass er auch im Strafraum seinen Job erstklassig beherrscht.

Nun gibt es für mich keinen Grund zu mäkeln, wenn man ins Halbfinale einer Weltmeisterschaft einzieht und plötzlich auf Rang eins der Weltrangliste steht. Für noch höhere Ziele, und die streben wir ja bekanntlich an, muss die Offensive in den nächsten beiden Spielen allerdings effektiver agieren. Mit Khedira, Schweinsteiger, Toni Kroos, Thomas Müller und Mesut Özil standen diesmal gleich fünf Mittelfeldspieler auf dem Platz, die es tendenziell ins Zentrum zieht. Das passt nicht zusammen. Die Raumaufteilung in der gegnerischen Hälfte, besonders im letzten Drittel, bleibt dadurch suboptimal, was einen flüssigen Spielaufbau und die Ballverteilung erschwert. Wenn Löw schon mit Miroslav Klose eine Sturmspitze nominiert, was ich begrüße, sollte die auch vernünftig mit Bällen versorgt werden – zum Beispiel mit Flanken. Ich will Sie nicht mit Wiederholungen nerven, aber von Benedikt Höwedes sind diese Hereingaben von der linken Seite nun mal nicht zu erwarten.

Was nun in der nächsten Woche folgt, ist Zugabe. Mit dem Erreichen des Halbfinales gegen bislang nicht überzeugende Brasilianer hat die Mannschaft, wie auch der Bundestrainer, ihre Pflicht erfüllt – die ohnehin schon sehr hoch angesetzt ist. Unser Team hat aber die Qualität, auch noch die letzten beiden Schritte zu gehen. Natürlich hilft da Spielkunst weiter, in einem Halbfinale und Finale sind jedoch vor allem Willen und Einstellung gefragt. An beiden Tugenden wird es diese Mannschaft nicht missen lassen. Der Charakter des Teams scheint über jeden Zweifel erhaben, der Zusammenhalt ist auf und abseits des Platzes zu erkennen. Das könnte entscheidend sein, wenn in der letzten Turnierwoche die körperlichen Kräfte dann doch ein wenig nachlassen.

Unter den noch im Wettbewerb befindlichen Teams ist zwar das eine oder andere, das in Brasilien mit seinen Auftritten die Fußballwelt verzückt hat. Die Spiele sind am Ende jedoch nicht vergleichbar; weil die äußeren Bedingungen bei dieser WM doch von Spielort zu Spielort sehr unterschiedlich waren. Ich sage deshalb: Was die anderen gezeigt haben, das können wir auch!