Klaas-Jan Huntelaar schießt die Niederlande ins Viertelfinale – in dem er wieder auf der Bank sitzt

Fortaleza. Wie der neue König der „orangefarbenen Löwen“ sah Klaas-Jan Huntelaar nun wirklich nicht aus. Der Niederländer schaute schüchtern zu Boden und nagte nervös auf seinem Kaugummi herum. Über den vielleicht größten Moment seiner Karriere sprach der „Hunter“ nur im Flüsterton. Man könnte fast sagen: Der Mann hat es verlernt, im Mittelpunkt zu sein.

Bei der WM in Brasilien stand Huntelaar so klar im Schatten von Arjen Robben und Robin van Persie, dass man ihn fast schon vergessen hatte. Beim Achtelfinal-Thriller gegen Mexiko strahlte über den Schalke-Torjäger aber wieder die Sonne. Der dramatische 2:1-Sieg war vor allem ein Verdienst des eingewechselten Siegtorschützen (90.+4/Foulelfmeter) und Vorbereiters zum 1:1 durch Wesley Sneijder (88.).

„Ich bin sehr stolz auf mich. Es war nicht leicht, immer positiv zu bleiben“, sagte Huntelaar nach seinem ersten WM-Einsatz in Brasilien, der besser nicht hätte laufen können. Mit Vorfreude blickte der 30-Jährige auf das Viertelfinale am kommenden Sonntag gegen Costa Rica, auch wenn er dann wohl erneut nur Edeljoker sein wird: „Wir wollen weiterkommen.“ Jubilar Dirk Kuyt meinte nach seinem 100. Länderspiel: „Es geht wieder um Tod oder Gladiolen. Noch drei Spiele – und dann ist da wieder eine Grachtenrundfahrt.“

An Huntelaars „Wiederauferstehung“ hatte auch Robben seinen Anteil. Der Bayern-Star holte in der Nachspielzeit nicht nur den Elfmeter zum 2:1 heraus, er überließ auch seinem Bundesligakollegen die Ausführung. „Normalerweise will ich schießen“, sagte Robben, „aber als Kapitän muss man die Aufgaben auch verteilen.“ Der frischere Huntelaar, der für Schalke vier seiner letzten sechs Elfmeter verschossen hatte, verwandelte eiskalt – auch, weil er kurz vor seiner Einwechslung (76.) noch auf die Toilette gerannt war. „Dann war der Druck weg“, scherzte er.

Doch auch Bondscoach Louis van Gaal forderte vehement seine Aktien ein am hart erkämpften Erfolg gegen widerspenstige Mexikaner. „Es war eine goldene Einwechslung, in der zweiten Trinkpause habe ich Plan B ausführen lassen. Er hat funktioniert“, sagte der künftige Teammanager von Manchester United. Van Gaals taktischer Schachzug war in der Tat meisterlich. Er beorderte Huntelaar und Kuyt in die Spitze nahe ans Tor und forderte lange Bälle auf die beiden. Sneijder sollte im Hintergrund auf Bälle lauern. Das zahlte sich in der 88. Minute aus: Flanke auf Huntelaar, der legte mit dem Kopf ab, Sneijder hämmerte den Ball zum Ausgleich ins Netz.

Kuyt, der während des Spiels auf drei Positionen eingesetzt wurde, nannte van Gaal den „vielleicht besten Taktiker der Welt“ und schwärmte: „Wir haben gekämpft wie orange Löwen.“ Für ihn selbst war die Partie nicht nur wegen seines 100. Länderspiels emotional: „Heute vor sieben Jahren ist mein Vater gestorben.“ Robben allerdings hatte ein schlechtes Gewissen, weil er in der ersten Halbzeit versucht hatte, einen Elfmeter zu schinden: „Das war dumm von mir.“ Belohnt wurde er am Ende trotzdem.