Der ehemalige US-Profiliga- und Nationalspieler Arne Friedrich stellt den deutschen Gegner USA vor

Santo André. Arne Friedrich sitzt in der Hotelanlage Toko Village in der Nähe des deutschen WM-Lagers und schaut auf ein Blatt Papier. Der ehemalige Nationalspieler, der bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 zweimal Dritter wurde, spielte nach seiner Bundesligakarriere für Chicago Fire in der nordamerikanischen Profiliga MLS und kennt sich aus im US-Fußball. Der heute 35-Jährige ist als Experte für das chinesische Fernsehen in Brasilien und berichtet über die deutsche Mannschaft. Nun aber soll er sein Wissen über das Team von US-Trainer Jürgen Klinsmann teilen, das am heutigen Donnerstag (18 Uhr) auf die deutsche Auswahl trifft.

Auf dem Zettel stehen die Namen der elf Spieler, die gegen Deutschland voraussichtlich beginnen werden. Hierzulande sind den Zuschauern davon nur wenige ein Begriff. Friedrich kennt sie alle. Gegen viele hat er selbst schon in der MLS gespielt. Ihn erinnere der Stil des US-Teams an die deutsche Mannschaft 2006 unter Klinsmann, sagt Friedrich: Es spiele physisch stark und sehr diszipliniert. Wer aber sind die US-Boys, und können sie der deutschen Mannschaft wirklich gefährlich werden? Der ehemalige MLS-Profi stellt den deutschen Gegner vor:

Tor: Tim Howard. Der Schlussmann hat sich beim FC Everton in der englischen Premiere League einen Namen gemacht und gilt vielen als bester Torhüter, den die USA jemals hatten. Mittlerweile ist Howard aber etwas in die Jahre gekommen. Über den 35-Jährigen sagt Friedrich: „Er ist ein absolut solider Torwart. Howard ist gut in der Strafraumbeherrschung und ein sicherer Rückhalt für die Amerikaner. Aber er ist nicht zu vergleichen mit Manuel Neuer.“ Howard sei gut, aber nicht Weltklasse.

Rechtsverteidiger: Fabian Johnson. Der 26-Jährige wurde in München als Sohn einer Deutschen und eines US-Soldaten geboren. Für Wolfsburg und Hoffenheim bestritt er insgesamt 103 Bundesligaspiele. Zur neuen Saison wechselt Johnson nach Mönchengladbach. Die Borussen können sich auf ihn freuen, denn durch zwei starke Auftritte gegen Ghana und Portugal gilt er jetzt schon als ein großer Gewinner dieser Weltmeisterschaft. „Johnson blüht gerade extrem auf“, sagt Friedrich. „Er hat einen enormen Zug zum Tor, ist sehr schnell und kann auch mal aus der Distanz schießen. In dieser guten Verfassung muss Deutschland auf ihn wirklich aufpassen.“

Innenverteidiger: Mit Geoff Cameron und Matt Besler spielen hier zwei in Deutschland nahezu Unbekannte. Cameron, 28 Jahre alt und angestellt bei Stoke City in der Premier League, sei „ein sehr zweikampfstarker Spieler, der aber Probleme bekommt, wenn es schnell geht“, sagt Friedrich. Für Deutschlands Stürmer Thomas Müller werden sich „einige Chancen bieten“. Besler, 27, spielt in der MLS für Sporting Kansas City. Auch er sei eher ein klassischer Innenverteidiger. „Einen Spielaufbau wie von Mats Hummels wird man von ihm nicht sehen.“ Besler und Cameron werden nicht unüberwindbar sein, sagt Friedrich.

Linksverteidiger: DaMarcus Beasley. Er ist der Routinier im Team. Der 32-Jährige ging früh nach Europa, spielte für PSV Eindhoven, Manchester City und die Glasgow Rangers. In der Saison 2010/11 bestritt er vier Bundesligaspiele für Hannover 96. Auf seine alten Fußballertage verdient Beasley beim Puebla FC in Mexiko sein Geld. „Er ist ein alter Haudegen, unglaublich erfahren, macht aber noch einen sehr fitten Eindruck“, sagt Friedrich. Beasley sei eigentlich Mittelfeldspieler, denke daher ebenso wie Johnson rechts sehr offensiv und sei gefährlich bei Flanken.

Defensives Mittelfeld: Jermaine Jones. Den gebürtigen Frankfurter kennt man aus der Bundesliga, wo er für die Eintracht und Schalke 04 spielte. Dort war er als Raubein bekannt, und auch Friedrich sagt: „Er ist ein absoluter Kämpfer, der dem Gegner auch mal richtig wehtun kann. Er versteht es, die Räume gut zuzumachen, und kann Spielern wie Toni Kroos und Mesut Özil auf die Nerven gehen.“ Gegen Portugal erzielte Jones, der mittlerweile für Besiktas Istanbul spielt, sein erstes WM-Tor.

Neben ihm spielt Kyle Beckerman. Der 32-Jährige kommt auch vom MLS-Club Sporting Kansas City und „fällt durch seine Frisur auf“, sagt Friedrich. „Er trägt lange Rasta-Zöpfe und dazu einen dicken Bart. Ich habe gegen ihn gespielt. Er kann unangenehm im Zweikampf sein“, sagt der Experte. Technisch sei Beckerman limitiert, aber ein guter Abräumer.

Offensives Mittelfeld: Michael Bradley. Auch Bradley versuchte sich einst in der Bundesliga bei Mönchengladbach. „Seitdem aber hat Bradley einen extremen Leistungsschub bekommen“, sagt Friedrich. Den heute 26-Jährigen zog es zu Aston Villa nach England sowie zu Verona und AS Rom nach Italien. Seit dem Winter spielt er in der MLS beim FC Toronto. „Er ist nun sehr torgefährlich, schießt oft aus der zweiten Reihe und ist viel in Bewegung. Er ist kein klassischer Spielmacher, aber einer der besten Spieler, die Jürgen Klinsmann hat“, sagt Friedrich.

Flügelspieler: Mit Graham Zusi und Alejandro Bedoya laufen hier zwei in Deutschland kaum bekannte Spieler auf. Zusi, 27 und Zopfträger, kommt ebenfalls von Sporting Kansas City. „Er ist körperlich sehr stark und hat einen guten Schuss. Aber er ist niemand, vor dem man Angst haben muss. Ihn dürften die deutschen Außenverteidiger in den Griff kriegen“, sagt Friedrich. Bedoya, 27, spielt beim FC Nantes in Frankreich. „Er ist wie die meisten Spieler im US-Team eher ein Arbeiter – jemand, der lange Wege geht und sich reinwirft“, sagt Friedrich.

Angriff: Clint Dempsey. Der Kapitän ist seit seiner Rückkehr aus England, wo er sechs Jahre für den FC Fulham und Tottenham Hotspur spielte, der bestverdienende Profi der MLS. Bei den Seattle Sounders kassiert der 31-Jährige das Rekordgehalt von sechs Millionen Euro im Jahr. „Er ist das Zugpferd im amerikanischen Spiel und im amerikanischen Fußball insgesamt. Dass er torgefährlich ist, hat er mit zwei Treffern bei dieser Weltmeisterschaft schon bewiesen“, sagt Friedrich. Dempsey ließ sich während der Spielpause in der MLS für zwei Monate zu seinem Ex-Club Fulham ausleihen, konnte aber nicht verhindern, dass der Verein mit Trainer Felix Magath abstieg. „Er ist so etwas wie der emotionale Anführer der Mannschaft und mit Abstand der gefährlichste Mann für die deutsche Abwehr“, so Friedrich.

„Die Deutschen“, sagt Friedrich zum Abschied, „sind auf allen Positionen besser besetzt als die US-Boys. An einem sehr guten Tag könnte Klinsmanns Team gewinnen, aber nur dann, wenn die DFB-Auswahl einen rabenschwarzen Tag erwischt.“