Selfie ist ein drolliges Wort. Und eins, das sogar „Unwort des Jahres“- Erfinder Horst Dieter Schlosser gefällt. „Es ist kurz, schnell zu merken und sicher auch für den Duden nicht mehr zu überhören“, sagte der Frankfurter Sprachwissenschaftler dem Abendblatt. Und wenn man es auf Deutsch übersetzte, dieses Wort, das semantisch abgeleitet wurde von „self“ für das Selbstbildnis? „Herrje, das wäre albern und kompliziert. So wie damals, als der Laptop in Klapprechner umgetauft wurde.“

Sprachlich also durchaus akzeptabel, ist es sehr wohl nervig, wenn während der WM im Sekundentakt der Auslöser von Smartphone-Frontkameras klickt, um dann mit froschigen Selbstporträts mit dicken Nasen die sozialen Netzwerke zu fluten. Bildchen von sich selbst sind jedoch auch längst zu Werbetools geworden. Wie die Mutter aller Selfies, Ellen DeGeneres’ Bild mit Brangelina und Co aus der Oscar-Nacht, proudly presented by Samsung. Und auch die Kanzlerin bekommt dadurch ein Stück coole Fan-Credibility.

Also gibt es sie hier mit Lukas Podolski und dort verschwommen mit Julian Draxler und da noch verschwommener mit Ron-Robert Zieler. Medien lechzen danach, als gäbe es sonst nichts zu recherchieren. Selbst der bisher nicht als Hipster in Erscheinung getretene Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ließ verlauten, er wünsche sich ein Selfie mit Sami Khedira.

Kein Selfie ist jener Schnappschuss, den Rihanna von sich und ihrem Miro („My nigga Klose“) getwittert hat – solch lange Arme hat die Barbados-Barbie nicht. Das Gruppenbild mit wichtiger Dame (Merkel) aus der DFB-Umkleide fiel natürlich auch nicht in die Kategorie Selfie. Das ist das Werk eines Profi-Fotografen. Einen Trend löste es dennoch aus, König Willem-Alexander und seine Máxima kopierten es dreist mit ihrem Oranje-Team.

Irgendwie müllen diese WM-Fotos den Fans das Hirn zu. So auch die Photoshop-Montagen von Robin van Persies Flugkopfballtor gegen Spanien. Er fliegt mit Delfinen, er düst an der Christus-Statue vorbei, van Persie mit Hexenbesen beim Quidditch.

Braucht die Welt das alles? Aber ja – so dringend wie Panini-Sticker.