Im „Endspiel“ um Platz eins in Gruppe B wollen die Niederlande und Chile siegen. Auch, um Brasilien aus dem Weg zu gehen

São Paulo. Keine Angst vor Brasilien – aber nur offiziell! Vor dem Gruppengipfel an diesem Montag in São Paulo (18 Uhr/ARD) schrecken die Niederlande und Chile vor einem möglichen Achtelfinale gegen den Gastgeber öffentlich nicht zurück. „Ich spiele gerne gegen die Topmannschaften“, behauptete „Oranje-Kampfmaschine“ Nigel de Jong. „Wir brauchen uns vor niemandem zu verstecken“, tönte Chiles Coach Jorge Sampaoli. Beide redeten bereits über den Rekordweltmeister, dabei müssen die zwei fürs Achtelfinale qualifizierten Teams erst einmal ermitteln, wer die Vorrunde überhaupt als Sieger der Gruppe B abschließt – und damit Brasilien aller Voraussicht nach zunächst aus dem Weg geht. Dafür reicht dem Oranje-Team ein Punkt.

„Unser Ziel ist es, die Gruppe zu gewinnen“, sagte Bayern Münchens Arjen Robben. „Deshalb sollten wir einfach so weitermachen wie bisher“, meinte der bislang dreimal erfolgreiche Turbodribbler. In Robbens kongenialem Sturmpartner Robin van Persie (Gelbsperre) und Verteidiger Bruno Martins Indi (Gehirnerschütterung) fehlen ohnehin schon zwei bisherige Stammspieler, mehr Veränderungen wären nicht nach dem Geschmack von Robben.

„Ich will auf jeden Fall spielen“, sagte der leicht angeschlagene Angreifer, der in Abwesenheit von van Persie das Team als Kapitän anführen wird. „Und mit Blick auf die Erfahrungen von 2006 und 2008 scheint es mir wenig Sinn zu ergeben, eine halbe Mannschaft auszutauschen.“

Bei der WM vor acht Jahren schonte der damalige Nationaltrainer Marco van Basten nach zwei Auftaktsiegen im letzten Gruppenspiel gegen Argentinien zahlreiche Leistungsträger – im Achtelfinale flog die „Elftal“ gegen Portugal aus dem Turnier. Zwei Jahre später beging van Basten den gleichen Fehler und brachte sein Team damit nach starker Vorrunde erneut aus dem Rhythmus. Es folgte das Viertelfinalaus gegen Russland. „Ich gehe deshalb nicht davon aus, dass der Bondscoach so viel wechselt“, sagte Robben.

Bondscoach Louis van Gaal muss noch die Systemfrage beantworten

Doch Coach Louis van Gaal steckt ein bisschen in der Zwickmühle. Neben Robben sind de Jong und Daley Blind angeschlagen, zudem sind Stefan de Vrij und Jonathan de Guzman mit Gelben Karten vorbelastet und würden bei einer weiteren Verwarnung im Achtelfinale fehlen. Eine andere Frage, die van Gaal vor seinem 25. Spiel als Holland-Coach beantworten muss, ist die, in welchem System er den starken Südamerikanern begegnen will. Weiter im noch immer ungewohnten 5-3-2 oder doch zurück zum 4-3-3?

„Der Trainer wird schon eine gute Lösung finden“, sagte van Persie. Auch der Torjäger von Manchester United will die Gruppe möglichst als Erster abschließen, wofür wegen des besseren Torverhältnisses bereits ein Remis reichen würde. Aber nicht aus Angst vor der „Seleção“, sondern bereits mit Blick auf die weitere K.-o.-Runde. „Dann bekommst du in der Theorie im weiteren Turnierverlauf eine etwas günstigere Auslosung“, sagte van Persie.

Erst Mexiko oder Kroatien, dann eventuell im Viertelfinale Costa Rica – der Weg ins Halbfinale scheint für die Niederländer vorgezeichnet. Oder doch für die Spanien-Entthroner aus Chile? Die Tageszeitung „El Mercurio“ listete den Weg der Südamerikaner zumindest bis zur Runde der besten acht ebenfalls schon auf. Mit einem fetten Ausrufezeichen wurden die drei K.-o.-Niederlagen gegen Brasilien 1962 im Halbfinale sowie 1998 und 2010 im Achtelfinale versehen.

„Wir werden von unserem System nicht abweichen“, kündigte Trainer Sampaoli bereits unmittelbar nach dem Coup gegen Spanien selbstbewusst an. Der Argentinier muss sich aber auch überlegen, ob er den bereits einmal verwarnten früheren Bundesligaprofi Arturo Vidal mit Blick auf das Achtelfinale lieber schont.

Und was sagen die Brasilianer? Denen ist der mögliche Gegner im Achtelfinale völlig egal. „Dass Chile und die Niederlande zwei große Spiele gemacht haben, heißt nicht, dass sie Weltmeister werden“, sagte Brasiliens Verteidiger Dani Alves. „Die Rechnung wird zum Schluss gemacht und nicht auf halbem Weg.“

Niederlande: 1 Cillessen – 7 Janmaat, 2 Vlaar, 3 de Vrij, 5 Blind – 20 Wijnaldum, 6 de Jong – 10 Sneijder – 11 Robben, 19 Huntelaar, 21 Depay. Chile: 1 Bravo – 17 Medel, 5 Silva, 18 Jara – 4 Isla, 16 Gutiérrez, 21 Diaz, 2 Mena – 8 Vidal – 11 Vargas, 7 Sanchez. Schiedsrichter: Gassama (Gambia).