Der 24-jährige Münchener präsentiert sich bei der WM laufstark und passsicher

Santo André. Thomas Müller, natürlich. Wer drei Tore in einem Spiel schießt, ist immer der Held; vor allem, wenn es bei einer WM passiert und der Gegner Portugal heißt. Also bekam er die Trophäe als „Man of the Match“, während die Kollegen schon feiern konnten. Toni Kroos etwa hatte bereits seine lange Trainingshose an, war frisiert und abmarschbereit. Er war nicht unglücklich darüber, obwohl viele ihm eine mindestens ebenso gute Leistung wie Müller attestiert hatten. Es fehlten wohl nur die Tore zur Krönung.

Doch Kroos war zumindest der deutsche Prinz in diesem Spiel. 11,7 Kilometer rannte er – ein Wahnsinnswert bei diesen tropischen Temperaturen. Der deutsche Mannschaftsdurchschnitt lag bei 9,6 Kilometern, Cristiano Ronaldo kam nur auf 9,1.

88 Prozent von Kroos’ Pässen kamen an, auch in dieser Kategorie konnte sich niemand mit ihm messen. Doch sein wahrer Wert war statistisch nicht zu erfassen: Er ordnete das deutsche Spiel, kurbelte es an, stieß immer wieder ins Zentrum vor.

„Als ich gelesen habe, wie weit ich gelaufen bin, war ich selbst erstaunt. So einen Wert hatte ich bislang auch noch nicht“, sagte Kroos. Hansi Flick, Assistent des Bundestrainers, lobte: „Er ist ein Spieler, der enorm ballsicher ist, der das Spiel mit seinen Pässen öffnen kann.“ Allerdings, ergänzte er augenzwinkernd: „Am Toreschießen kann er noch ein bisschen arbeiten.“ Selbst das aber stimmt nicht: Kroos ist in der Bundesliga ein gefährlicher Distanzschütze.

Doch das Erzielen von Toren gehört nicht zu den Hauptaufgaben des24-Jährigen. Er hat sich schon auf die strategische Position im defensiven Mittelfeld vorgearbeitet; dorthin, wo die Fäden gezogen werden, wo das Feld vor einem liegt und es darauf ankommt, dem Spiel der eigenen Mannschaft ein Gesicht und einen Rhythmus zu geben.

Die Brasilianer haben einen Begriff für Spieler wie Kroos. „Garcom“ nennen sie diese Typen, „Kellner“. Leute, die herumwuseln und ihre Kollegen bedienen. Kroos musste schmunzeln, als er das erfuhr: „Es stimmt, dass ich meine Nebenleute gern gut aussehen lasse. Abends lasse ich mich aber lieber mit Getränken bedienen.“ Im Team müssen die Verlierer von Trainingsspielen beim Abendessen oft die Sieger mit Drinks versorgen. Daran, dass Kroos am Sonnabend gegen Ghana spielen wird, gibt es keine Zweifel; denn Bundestrainer Löw braucht seinen „Kellner“.