Der A-Jugendcoach des HSV arbeitet während der WM als Scout für das Vaterland seiner Eltern und analysiert das deutsche Team vor dem Gruppenspiel am Sonnabend

Maceio/Hamburg. Otto Addo erlebt sein ganz eigenes WM-Abenteuer. Der gebürtige Hamburger und Trainer der A-Junioren des HSV ist in Brasilien als Scout des deutschen Gruppengegners Ghana im Einsatz. Für die Heimat seiner Eltern absolvierte der ehemalige Bundesligaspieler und Deutsche Meister 2002 mit Borussia Dortmund 15 Länderspiele. Das Abendblatt erreichte den 39-Jährigen am Telefon im WM-Quartier der Ghanaer in der Küstenstadt Maceio.

Hamburger Abendblatt:

Welche Funktion haben Sie genau als Scout des ghanaischen WM-Teams?

Otto Addo:

Meine Aufgabe war es, insbesondere Deutschland zu beobachten. Ich habe die letzten Spiele live gesehen und mir dann Videos kommen lassen, aus denen ich die Stärken und Schwächen zusammengeschnitten habe. Die Sequenzen habe ich Nationaltrainer Kwesi Appiah vorgelegt, damit er uns besser auf das Deutschland-Spiel vorbereiten kann. Was ich analysiert habe, darf ich aber nicht sagen (lacht).

Wie kam es dazu, dass der ghanaische Fußballverband GFA Sie engagiert hat?

Addo:

Die haben mich im Dezember kontaktiert, weil sie wussten, dass ich meinen Fußballlehrer gemacht habe und ihnen vielleicht weiterhelfen könnte. Mit meinem Arbeitgeber HSV habe ich mich abgestimmt und von Oliver Kreuzer die Freistellung für die WM bekommen.

Nun verlor Ghana zum Auftakt gegen die USA mit 1:2. Und das, obwohl Ihre Offiziellen die Black Stars forsch zum Titelanwärter erklärt hatten.

Addo:

Das stimmt so nicht ganz. Das hat nur der Staatspräsident Mahama gesagt und sonst keiner. Das wurde in den Medien so verdreht, als würden alle Ghanaer das sagen. Wir vom Verband haben aber ausgegeben, dass das Überstehen der Gruppenphase super wäre.

Das Ziel ist schwer realisierbar. Wird Ihnen nicht Angst und Bange nach dem 4:0 der Deutschen gegen Portugal?

Addo:

Angst und Bange wird uns nie. Es war ja kein Geheimnis, dass Deutschland eine richtig gute Mannschaft hat. Wir stehen jetzt mit dem Rücken zur Wand und müssen unbedingt punkten gegen die DFB-Jungs.

Wie wichtig ist Kevin Prince Boateng bei den Black Stars? Gegen die USA wurde der Schalker nur eingewechselt.

Addo:

Er ist ein sehr erfahrener Spie- ler. Aber der Trainer entscheidet, wen er aufstellt. Auf jeden Fall ist Kevin eine absolute Führungspersönlichkeit so wie Michael Essien, Sulley Muntari und Asamoah Gyan. Die Drei sind auch Freunde von mir.

Der ehemalige Uno-Generalsekretär Kofi Annan saß gegen die USA im Stadion. Ein Friedensnobelpreisträger! Ist das nicht etwas ganz Besonderes?

Addo:

Na ja, er ist nun mal Ghanaer, und er ist fußballinteressiert. Aber natürlich ist das eine Riesenehre für uns. Er war auch schon mal in der Kabine.

Kwesi Appiah führte als erster einheimischer Trainer Ghanas Nationalelf zu einer WM. Was macht ihn aus?

Addo:

Er ist ein sehr besonnener, intelligenter Trainer. Er versteht es, die Spieler ans Leistungslimit zu führen. Er spricht alle Sprachen des Landes und als ehemaliger Nationalmannschaftskapitän versteht er die Spieler in allen Belangen.

Es gibt in Hamburg eine ghanaische Gemeinde. Sie selbst fliegen einmal im Jahr nach Westafrika. Wie viele Verwandte haben Sie dort noch?

Addo:

Meine Oma hat 20 Geschwister, meine Mutter hat sieben Geschwister, welche wiederum mindestens vier bis acht Kinder haben. Ein Großteil davon lebt noch in Ghana, die anderen in Amerika, Europa, Asien und Australien verstreut. Zu fast allen haben meine Familie und ich noch Kontakt.

Fühlen Sie sich mehr als Ghanaer oder mehr als Deutscher?

Ich fühle mich als beides, zu gleichen Anteilen.