Der WM-Gastgeber schiebt das 0:0 gegen Mexiko vor allem auf die Stärke des überragenden gegnerischen Torhüters

Fortaleza. Als Stimmungskiller für die Heim-WM wollte Brasiliens Coach Luiz Felipe Scolari den Dämpfer gegen Mexiko auf keinen Fall durchgehen lassen. „Meiner Meinung nach haben wir mindestens zehn Prozent besser gespielt als gegen Kroatien. Wir werden also besser und besser“, argumentierte er, obwohl durch das 0:0 gegen den Angstgegner am Dienstagabend der große Schritt in Richtung Achtelfinale nicht gelang. „Unser Weg ist nicht zu Ende. Ich war sehr glücklich mit dem, was ich auf dem Feld gesehen habe“, verkündete Scolari.

Zumindest viele der 60.342 Zuschauer dürften seine Meinung teilen. Beim 3:1 gegen Kroatien fünf Tage zuvor wirkte die Seleção noch gehemmt von den großen Erwartungen an den gastgebenden Titelfavoriten. Der Punktverlust des viermaligen Weltmeisters in Fortaleza aber war zu großen Teilen dem herausragenden Guillermo Ochoa im Tor des Olympiasiegers geschuldet. „Es ist ja nicht schlecht gewesen, das Remis war halt ein Verdienst des Torhüters. Ich glaube, wir haben besser gespielt als gegen Kroatien, wir waren lockerer“, urteilte Stürmer Jo.

„Wir hatten gute Chancen, aber der Torwart hat einfach gut gehalten. Das müssen wir auch anerkennen“, verlangte Scolari. Egal ob per Kopf oder Fuß, ob Neymar oder Thiago Silva auf den Kasten feuerten – Ochoa war da und hielt den Punkt fest. „Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand bei einer WM schon mal eine vergleichbare Leistung gebracht hat wie Memo heute“, lobte Mexikos Trainer Miguel Herrera.

Weitgehend unbeteiligt an den brasilianischen Versuchen war dagegen Angreifer Fred. Beim Confed-Cup vor einem Jahr mit fünf Treffern noch Torschützenkönig, fand der bei Fluminense Rio de Janeiro spielende Profi bislang überhaupt nicht statt. Einzige Ausnahme: der herausgeholte Elfmeter im Eröffnungsspiel. Dass Scolari ihm trotzdem von Beginn an vertraute und ihn gar länger als eine Stunde spielen ließ, brachte ihm entsprechende Nachfragen der brasilianischen Journalisten ein – die er pikiert konterte: „Fragen Sie mich wirklich, ob ich an meine Spieler glaube? Ich arbeite mit dem Team und stelle auf, wen ich will. Ihr könnt euch eine eigene Aufstellung ausdenken. Das Problem ist: Ihr habt keinen Einfluss darauf, was ich denke.“

Nach knapp einer Woche WM im eigenen Land, vier Punkten aus zwei Spielen und der Tabellenführung in Gruppe A ist bei den Brasilianern zwar längst nicht alles eitel Sonnenschein – aber schlechte Stimmung ist keine in Sicht. „Wir sind nicht frustriert. Die Mannschaft hat einen guten Fußball gezeigt, wir haben alles getan, um zu gewinnen, aber der Torwart hat viele Chancen zunichte gemacht. Spiele wie diese bereiten uns auf die Zukunft vor“, sagte Verteidiger David Luiz. „Manchmal gewinnt eine Mannschaft die drei ersten Spiele 3:0, verliert dann und muss gehen.“

Die Konzentration bleibt vor dem Gruppenfinale gegen Kamerun am Montag (22 Uhr/ARD) jedenfalls hoch bei Brasilien, kaputt gemacht hat das 0:0 gegen Mexiko nichts. „Ich glaube nicht, dass die brasilianischen Fans traurig sind, es war ja nur ein Unentschieden. Wir haben ja nicht gewonnen“, tröstete Herrera. „Ich glaube, dass beide Fanlager glücklich nach Hause gehen konnten, sie haben zwei Teams gesehen, die Tore schießen wollten“, fügte er hinzu. „Es brennt kein Warnlicht“, unterstrich David Luiz. Trotzdem appellierte Scolari an seine Elf: „Wir müssen Tore schießen gegen Kamerun. Daran hat es heute gemangelt.“

Brasiliens Fußballlegende Pelé hatte hingegen mit ganz anderen Problemen zu kämpfen: Der berüchtigte Stau der Millionenmetropole São Paulo verschonte auch den Fußballkönig nicht. Pelé kam am Dienstag aus Santos und steckte in São Paulo im Verkehr fest. So musste er die erste Halbzeit der Partie notgedrungen im Radio verfolgen. Eigentlich hatte er pünktlich im Morumbi-Stadion sein wollen, um dort die in Fortaleza ausgespielte Partie auf Großleinwänden zu verfolgen. „Ich habe sehr gelitten und die erste Halbzeit im Auto am Radio gehört“, sagte Pelé, der positives Denken forderte und versicherte: „Wir kommen ins Finale.“ Das sieht die Fußballlegende aus dem Nachbarland Argentinien, Diego Maradona, derzeit nicht so: „Wenn es einer der Favoriten sein möchte, muss Brasilien sich stark verbessern“, befand er.