Eine Glosse von Henrik Jacobs

Um einen Ratgeber für den perfekten englischen Rasen zu finden, braucht es nur einen Suchmaschinenklick. Englisch, das heißt in diesem Fall: samtig weich, dicht bewachsen und saftig grün. Liest man die goldenen Regeln aufmerksam, kann eigentlich nichts schiefgehen: Anlegen im Frühling, den Samen dicht säen, regelmäßig wässern, in geraden Bahnen mähen, Moos entfernen und kahle Stellen nachdüngen.

Die Greenkeeper im brasilianischen Dschungel hatten sich offenbar anderweitig informiert, denn der Rasen im Stadion von Manaus ist vor allem gelb. Und wer wird zur Eröffnung der Arena da Amazônia den Rasen betreten? Klar, die Engländer. Während Gegner Italien aus der Heimat vertrocknete Grünflächen kennen dürfte, ist die Empörung auf der Insel groß. „England wird auf einem Platz starten, der Ihren Heimatverein beschämen würde“, schrieb die „Daily Mail“. Der „Daily Mirror“ schimpfte: „Man kann über Katar sagen, was man will, aber selbst mitten in der Wüste wird es zehn Grünflächen geben.“

Als wäre das Rasendesaster für das Mutterland des Heiligen Grüns, die Heimat von Wimbledon, nicht Strafe genug, schlaumeiert der deutsche Bundestrainer über das brasilianische Gras. „Er wächst ein bisschen anders als in Europa: nicht nur nach oben, sondern auch in die Breite“, sagte Joachim Löw im Quartier Campo Bahia, für das der DFB einen Rasenexperten beschäftigte. Wirklich wütend werden die Engländer aber nicht sein. Denn eines dürfte in Manaus funktionieren: Kick and Rush. Damit kennen sich die Briten ja genauso gut aus wie mit dem grünem Gras.