Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft nimmt mit Sorgen ihre Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Brasilien auf

St. Leonard. Hoffentlich ist es kein schlechtes Omen für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, dass ausgerechnet der berühmteste Sohn des Passeiertals ein gefallener Held ist. Dort, wo sich die Truppe von Bundestrainer Joachim Löw von Mittwoch an auf die Weltmeisterschaft in Brasilien vorbereitet, lebte einst Andreas Hofer, der berühmte Tiroler Freiheitskämpfer, der 1809 gegen die bayerische und französische Besetzung seiner Heimat zu Felde zog. Geschlagen und verraten fiel Hofer in die Hände des Feindes und wurde auf Geheiß von Kaiser Napoleon erschossen. Es geht die Legende, dass er, noch lebend nach der ersten Gewehrsalve, ausgerufen haben soll: „Ach, wie schießt ihr schlecht!“

Ähnliche Ausrufe möchte Joachim Löw sich verkneifen in den elf Tagen in Südtirol. Die Zeit im Passeiertal nördlich von Meran ist für ihn die wichtigste Periode des Jahres. Dieser kurze Zeitraum muss reichen, um aus den 27 Spielern einen starken WM-Kader zu formen. Am 2. Juni, einen Tag nach dem Länderspiel gegen Kamerun, muss der Bundestrainer jene 23 Mann benennen, die in Brasilien auf Titeljagd gehen sollen. Am 6. Juni spielt Deutschland in Mainz noch gegen Armenien, einen Tag später fliegt sie in ihr WM-Quartier in die Nähe von Porto Seguro.

„Ich bin zuversichtlich, dass wir die Zeit optimal nutzen werden“, sagt Joachim Löw, der zusammen mit dem Großteil der anderen Nationalspieler von Frankfurt aus mit einem Charterflieger gen Süden jettet: „Ich kann versprechen: Wir werden gut vorbereitet sein. Ich freue mich auf die Testspiele, auf jede Trainingseinheit, die Zeit in Südtirol und dann auf alles, was uns in Brasilien erwartet.“ Die Spieler aus München und die beiden Italien-Legionäre Shkodran Mustafi und Miroslav Klose reisen separat an.

Für Löw gilt es, in Norditalien die Wende zu schaffen. Herrschte vor einem halben Jahr noch beinah grenzenloser Optimismus bei den deutschen Fans, hat die Rückrunde die Euphorie gebremst. Das Halbfinal-Aus des FC Bayern gegen Real Madrid, die Formkrise des Spielmachers Mesut Özil beim FC Arsenal und scharenweise angeschlagene oder formschwache Nationalspieler haben die Stimmung gedämpft. Auch Löw und sein Funktionsteam haben ihren Anteil dazu beigetragen. Schon vor einem Jahr schockte Manager Oliver Bierhoff die Öffentlichkeit, als er konstatierte: „Für Europäer ist es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, in Brasilien zu gewinnen.“ Das Klima würde das nicht zulassen.

Torwart Neuer muss wegen seiner Schulterverletzung kürzertreten

Auch Bundestrainer Löw klang zuletzt wenig euphorisch. „Wir haben im Moment nur sieben, acht Spieler, die in Topform sind“, sagte er im April in einem „Stern“-Interview. Tragenden Säulen der Mannschaft fehle „ein guter Spielrhythmus“, die Situation bereite ihm „Kopfzerbrechen“, klagte er. Kurz vor der Abreise ins Trainingslager sagte Löw: „Es kann ja nur heißen: Wir wollen Weltmeister werden. Ich kann aber nicht sagen: Wir werden Weltmeister.“

Die Entwicklungen der jüngsten Zeit bereiteten dem Bundestrainer zusätzliche Sorgen. Beim DFB-Pokalfinale sah er mit an, wie erst sein Kapitän Philipp Lahm verletzt ausgewechselt wurde und sich später auch noch Stammtorwart Manuel Neuer an der Schulter verletzte. Der Bayern-Schlussmann konnte zwar die Partie gegen Dortmund zu Ende spielen, verließ allerdings tags darauf mit bandagiertem Arm die Praxis von Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Rasch machte das Gerücht die Runde, Neuer habe sich ein Band in der Schulter gerissen und könne nicht nach Brasilien fahren. Das allerdings wurde schnell entkräftet: „Neuer erlitt einen kleinen Einriss am Kapselbandapparat des rechten Schultereckgelenks. Zur Entlastung des Gelenks trägt der Torwart vorerst eine Schlinge und muss mit dem Training kürzertreten“, teilte der FC Bayern München mit.