St. Paulis Sportdirektor warnt vor dem HSV-Gegner in der Relegation. Paderborn lässt sich den direkten Aufstieg nicht mehr nehmen

Fürth. Sie hatten auf Hilfe von ganz oben gehofft, um doch noch den direkten Sprung in die Bundesliga zu feiern. Rund 100 Fans des Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth besuchten am Sonntag um 10 Uhr den Gottesdienst in der Fürther Altstadtkirche St. Michael. Dort hielt Dekan Jörg Sichelstiel, bekennender Fan der „Kleeblätter“, eine Predigt zur Einstimmung auf das Spiel gegen den SV Sandhausen.

Für einen kurzen Moment schien es auch so, als ob die Gebete erhört werden. Als um 15.39 Uhr die Nachricht des frühen Aalener Tores in Paderborn nach Fürth durchsickerte, spürte man in der Trolli-Arena ein kurzes Stimmungshoch. Doch davon war nach dem Schlusspfiff nur noch wenig zu spüren. Trotz des 2:0 (0:0)-Sieges gegen Sandhausen durch das 14. Saisontor von Ilir Azemi (52.) sowie den Treffer von Zoltan Stieber (83.) muss Fürth in der Relegation um den Aufstieg in die Bundesliga gegen den Hamburger SV antreten.

Der SC Paderborn, der erst vor zwei Wochen in der Tabelle an den Franken vorbeigezogen war, hatte sich Platz zwei durch den 2:1-Heimsieg gegen den VfR Aalen nicht mehr nehmen lassen und feiert mit dem direkten Aufstieg die „größte Sensation der deutschen Fußballgeschichte“, wie es Präsident und Mäzen Wilfried Finke kommentierte.

In Fürth herrschte eine Mischung aus Enttäuschung und Zuversicht. „Ich habe mich nach einem Sieg schon mal besser gefühlt“, sagte Trainer Frank Kramer. „Der Glückwunsch geht nach Paderborn. Der Verein hat einfach eine geile Saison gespielt.“

Zufriedener zeigte sich Torhüter Wolfgang Hesl: „Den dritten Platz hätte uns vor der Saison niemand zugetraut. Jetzt freuen wir uns auf die Verlängerung gegen den HSV“, sagte der Kapitän, der selbst sieben Jahre in Hamburg spielte. „Ich hatte beim HSV eine schöne Zeit, aber jetzt habe ich das Kleeblatt auf der Brust. Das zählt“, sagte Hesl, gefragt nach möglichen Emotionen. „Die Rollen sind klar verteilt. Wir können nur gewinnen.“

Greuther Fürth lag an 28 Spieltagen auf einem direkten Aufstiegsplatz

Für Fürth könnte die Saison aber auch ein Spiegelbild der vergangenen zehn Jahre werden. Immer wieder stand der Verein in der Zweiten Liga kurz vor dem Sprung in die Bundesliga, am Ende rutschte die Spielvereinigung bis auf eine Ausnahme aber immer wieder aus den Aufstiegsrängen. In dieser Spielzeit lagen die Fürther an 28 von 34 Spieltagen auf einem direkten Aufstiegsplatz. Nun droht ein weiteres Jahr Zweite Liga.

Trotzdem glaubt ein Mann an die Stärke des Vereins, der diesen so gut kennt wie kaum ein anderer: Rachid Azzouzi, Sportdirektor des FC St. Pauli. 15 Jahre war der Marokkaner für Fürth als Spieler, Teammanager und Sportdirektor tätig. Azzouzi hat die Philosophie des Vereins über Jahre maßgeblich mitgeprägt, bevor es ihn vor zwei Jahren nach Hamburg zog. Mit Azzouzi gelang Fürth 2012 erstmals der Aufstieg in die Bundesliga. Dieser Erfolg habe den Fluch der Unaufsteigbaren gebrochen.

„Seitdem herrscht im Verein und in der Stadt ein anderes Denken“, sagt Azzouzi im Gespräch mit dem Abendblatt. Der 43-Jährige verfolgt das Geschehen bei seinem früheren Verein intensiv. Trotz des personellen Umbruchs im vergangenen Sommer mit 13 Neuzugängen trägt die Mannschaft noch immer auch die Handschrift ihres ehemaligen Managers. „Der Verein hat eine Philosophie entwickelt, danach richtet sich der Trainer in Fürth aus“, sagt Azzouzi. „Die Mannschaft steht für Offensivfußball. Sie spielt sehr laufintensives Pressing mit zwei Stürmern und sehr offensiven Außenverteidigern.“

Trainer Frank Kramer sei es gelungen, Greuther Fürth vom ersten Spieltag an zu einem Aufstiegsfavoriten zu formen, die Mannschaft sei gefestigt. „In der Relegation zählen Eigenschaften wie Mentalität und Selbstvertrauen. Da sehe ich Fürth im Vorteil.“

Damit sein ehemaliger Klub doch noch den Aufstieg in die Bundesliga schafft, könnte es in der kommenden Woche erneut einen Gottesdienst in der Fürther Altstadtkirche geben. Vielleicht werden die höheren Kräfte dann erhört und Fürth schafft den Sprung nach oben.