Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Was nützen 70 Prozent Ballbesitz, wenn am Ende ein 0:1 herauskommt? Was hilft das endlose Ballgeschiebe, wenn die einzige ernsthafte Tormöglichkeit in der 84. Minute herausgespielt wird? Natürlich darf Bayern München in Madrid verlieren. Doch den Bayern droht eine beinahe perfekte Saison zu entgleiten. Und es könnte sein, dass die Ursache dafür hausgemacht ist.

Pep Guardiola, der spanische Wundermann, hat selbst die Luft aus dem Bayern-Luftballon herausgelassen. Seit der Meistertrainer die ernsthafte Auseinandersetzung mit den heimischen Gegnern für beendet erklärte („Die Bundesliga ist für uns vorbei“), ist von der Bayern-Herrlichkeit seiner ersten neun Monate nichts mehr zu sehen. Die Münchner finden einfach nicht mehr in den unwiderstehlichen Rhythmus, der sie zur besten Vereinsmannschaft der Welt gemacht hatte. Guardiola rotierte die Verfassung seiner Mannschaft ins Abseits. Ohne Not.

Es ist eben im Fußball nicht so einfach, aus dem Schongang wieder den Turbo einzuschalten und im Saisonendspurt die letzten geistigen und körperlichen Reserven abzurufen.

Klar, jetzt zählen nur noch die großen Duelle, das Rückspiel gegen Madrid am kommenden Dienstag, das Pokalfinale gegen Dortmund am 17. Mai und – vielleicht – das Champions-League-Finale am 24. Mai in Lissabon. Wenn am Ende aber nur die Meisterschaft bliebe, hätten die Bayern eine unvollendete und, gemessen an den Erwartungen, enttäuschende Saison gespielt. Dann hätte Guardiola das virtuelle Duell mit seinem Vorgänger Jupp Heynckes verloren.