Abstiegskampf: Die wichtigsten Fragen und Fakten zu den Vereinen im Tabellenkeller

Was ist bloß mit Werder Bremen los?

Dass die Werder-Mannschaft nicht mehr an Zeiten erinnert, als sie regelmäßig in der Champions League spielte und brillante Kicker wie Johan Micoud, Diego oder Claudio Pizarro unter Vertrag hatte, daran haben wir uns gewöhnt. Dennoch ist es unverständlich, wie sich die Mannschaft regelmäßig vorführen lässt. Und immer wieder kommen nach bitteren Niederlagen die gleichen Floskeln. „Es gibt Redebedarf“, sagte Trainer Robin Dutt im September 2013 nach dem 0:3 gegen Eintracht Frankfurt. Nach dem 1:3 im Februar in Augsburg sagte Dutt: „Ich habe heute mit vielen Spielern Redebedarf.“ Und was sagte der Trainer nun nach dem 0:3 in Mainz? „Es gibt Redebedarf mit jedem Spieler.“

Offenbar scheinen sie aneinander vorbeizureden. Oder aber, sie verstehen sich nicht. Es ist ja aller Ehren wert, dass Kapitän Clemens Fritz in Mainz zugab, dass Werder ein katastrophales Spiel geboten habe und er sich dafür schämen würde, „dass unsere Fans so eine weite Reise auf sich nehmen und wir so eine Leistung anbieten“. Die Bremer können von Glück sagen, dass sie in den Nordderbys gegen den HSV, Hannover und Braunschweig insgesamt 16 ihrer 33 Punkte holten und dadurch sechs Zähler vor dem Relegationsplatz liegen. Doch gerettet ist der SV Werder noch nicht – es gibt schließlich kein Nordderby mehr.

Wie ist der Aufschwung von Hannovers Kapitän Lars Stindl zu erklären?

Typen wie er benötigen keinen besonderen Ansporn, keinen klare Ansagen und schon gar keinen Tritt in den Hintern. Trotzdem fand es Lars Stindl richtig, dass sich Hannover 96 mit einem dreitägigen Trainingslager auf das Heimspiel gegen den HSV vorbereitet hat. „Wir sind enger zusammengerückt. Und wir wussten, dass wir über die Schmerzgrenze hinausgehen mussten“, sagte der 25-Jährige, dem beim 2:1 für die Niedersachsen eine denkwürdige Leistung gelungen ist.

Nach dem Karriereende von Steven Cherundolo, der zuletzt kaum noch gespielt hat, ist Stindl endgültig zum wahren Kapitän von Hannover 96 aufgestiegen. „Es war beeindruckend, wie er diese Rolle jetzt angenommen hat“, findet Sportdirektor Dirk Dufner. Was Stindl beim Heimsieg über den HSV vorführte, diente als weiterer Beleg für seine Vielseitigkeit. Mal spielt er den Abräumer vor der Abwehr, dann wieder im rechten Mittelfeld. In dieser Partie aber war Stindl als Spielgestalter aufgeboten – und trotzdem überall zu finden. „Wir waren einfach beeindruckt“, gab HSV-Trainer Mirko Slomka zu.

Warum ist der SC Freiburg im Abstiegskampf so gut?

14 Punkte hat der SC Freiburg in der Hinrunde geholt, jetzt sind es in der Rückrunde bereits 18 Zähler. Die Breisgauer haben damit die Ausgangsposition geschaffen, um sich aus eigener Kraft zu retten. Entscheidend dabei ist vor allem ihre erstklassige Bilanz gegen die direkten Kontrahenten aus dem Tabellenkeller. 20 ihrer bislang 32 Punkte und sechs von acht Saisonsiegen holten die Freiburger in direkten Abstiegsduellen. Die Erfahrung in der Abstiegssituation und entsprechend die Unaufgeregtheit im gesamten Verein helfen offenbar in dieser wichtigen Spielen. Dazu kommt, dass die Freiburger in der Rückrunde nicht mehr unter der Zusatzbelastung Europacup zu leiden haben und Trainer Christian Streich in der Rückrunde nur wenige dauerhaft verletzte Stammspieler ersetzen muss.

Was ist das Problem des VfB Stuttgart?

Allein in der Rückrunde brachten Gegentore in den letzten 15 Minuten den Klub um 16 Punkte. Auch gegen Borussia Mönchengladbach war es wieder so weit. Es stand 1:0 für den VfB, als Juan Arango eine Minute vor dem Abpfiff den Ausgleich erzielte. Wieder waren zwei Punkte futsch, die der Verein dringend gebraucht hätte. Die Schwäche auf der Zielgeraden konnte auch Trainer Huub Stevens noch nicht abstellen.

Schon vor Stevens’ Amtszeit beim 1:2 gegen den FC Bayern waren es gleich zwei späte Tore, die aus einem 1:0 ein 1:2 machten. Das gleiche Szenario gegen Eintracht Frankfurt. Elf entscheidende Tore kassierte der VfB allein 2014 in der Schlussviertelstunde. Statt mit 28 Punkten um den Klassenverbleib zu zittern, könnte sich der VfB entspannt im Tabellenmittelfeld zurücklehnen. „Es ist enttäuschend, wenn du in der letzten Minute ein Gegentor bekommst. Das kann aber immer passieren“, sagte Stevens, der eher mit der Abschlussschwäche haderte: „Mich ärgert, dass wir den Sack nicht zugemacht haben.“

Welchen alleinigen Rekord steuert der 1. FC Nürnberg an?

Acht Abstiege. Das hätte tatsächlich in 51 Jahren Bundesliga noch keine Mannschaft geschafft. Bislang teilen sich die Franken die zweifelhafte „Bestleistung“ von sieben Abstiegen mit Arminia Bielefeld. „Der Glubb is a Depp“, heißt es deswegen in Franken. Schließlich schafften es die Nürnberger auch als einziges Team, sowohl als amtierender deutscher Meister (1969) als auch als DFB-Pokalsieger (2008) abzusteigen.

Aktuell hat der Club sieben seiner jüngsten acht Spiele verloren, ein erneuter Trainerwechsel ist aber offenbar keine Option. Er könne sich „gut vorstellen“, dass Gertjan Verbeek „auch für die 2. Liga der richtige Trainer für uns wäre“, sagte FCN-Sportvorstand Martin Bader. Der Niederländer Verbeek gibt sich weiterhin ruhig-optimistisch: „Wir haben in jedem Spiel die Möglichkeit, drei Punkte zu holen.“ Kapitän Raphael Schäfer wirkt jedoch schon resigniert: „Wir haben riesige Probleme, das sieht man“. Die zahlreichen verletzten Leistungsträger tragen ähnlich wie beim HSV zur Misere bei.

Warum bleibt Braunschweig so ruhig?

Weil für die Eintracht das Bundesliga-Abenteuer gefühlt ohnehin nur eine Zugabe ist. Der Club hat 2010 noch in der 3. Liga gespielt, verbrachte seit 1994 15 Jahre in der Unterklassigkeit. Die Erstliga-Saison jetzt dient deshalb vor allem dazu, die Kassen aufzufüllen um nachhaltig die Entwicklung und Konsolidierung des Vereins voranzutreiben.

Mit rund 16,5 Millionen Euro an TV-Geldern kann der Verein durch die Bundesliga-Zugehörigkeit kalkulieren, das ist das Doppelte wie in der zweiten Liga. Trainer Torsten Lieberknecht hat seinen Vertrag bereits bis 2017 verlängert, ein massenweiser Exodus von „Stars“ nach dem Abstieg droht nicht. Auch Fans und Sponsoren kennen die Situation, akzeptieren sie und freuen sich über das Abenteuer Bundesliga. Egal, wie es letztlich endet.