Der Rücktritt des Präsidenten löst bei Spielern und Fans Trauer aus und macht den Erfolg gegen Leverkusen zweitrangig

München. In schwierigen Zeiten hilft eine mitunter eine bunte Unterhose. Zumindest brachte sie die Spieler des FC Bayern München am Sonnabend mal zum Lachen.

Die Partie gegen Bayer Leverkusen in der Fußball-Bundesliga war die erste nach dem Rücktritt von Präsident Uli Hoeneß, und im Münchner Stadion herrschte eine komische Stimmung. Phasenweise war es ziemlich ruhig, und Fans hielten Transparente hoch, auf denen Sprüche wie „Danke Uli! Für 40 geile Jahre!“ standen. Jedem war klar, dass eine Ära endete, dass der Mann des Klubs nun fehlt, und entsprechend ernst schauten die Stars auf der Ersatzbank. Bis Franck Ribéry zum Warmlaufen geschickt wurde.

Der Offensivstar zog seinen Trainingsanzug aus – und bemerkte, dass er in der Kabine vergessen hatte, seine Spielhose anzuziehen. Die anderen Ersatzspieler höhnten, der wie Ribéry von Trainer Pep Guardiola geschonte Kapitän Philipp Lahm hielt aus Spaß eine Decke vor den Franzosen, wie einer Frau, die am Strand gerade den Bikini wechselt. Ribéry bekam vom Betreuerstab schnell eine Hose, grinste und kam in der 66. Minute in die Partie.

Sie war da bereits entschieden, Mario Mandzukic per Kopfball (44. Spielminute) und Bastian Schweinsteiger per Freistoß (52.) hatten die Bayern in Führung gebracht, die Fans sangen „Uli Hoeneß, Uli Hoeneß – Du bist der beste Mann“, und Stefan Kießlings Treffer (90.) war nur noch Ergebniskosmetik. Mit 71.000 Zuschauern war die Arena offiziell ausverkauft – doch ein grauer Sitz war leer geblieben, ein besonderer Platz, der von Uli Hoeneß. Er ist noch in Freiheit, verzichtete aber auf den Stadionbesuch. „Das erste Spiel ohne Uli war ein komisches Gefühl. Der Platz neben mir war leer, und ich gebe zu: Er hat mir gefehlt“, sagte Karl-Heinz Rummenigge, der zig Jahre neben Hoeneß gesessen, mit ihm gejubelt und gelitten hatte.

Für Ribéry wird Hoeneß immer Präsident des FC Bayern bleiben

Der Fall Hoeneß überstrahlte an diesem Abend alles. Auch die Chance, dass die nunmehr seit 50 Pflichtspielen unbesiegten Bayern bereits am kommenden Spieltag Meister werden können – sie müssen dafür bei Mainz 05 gewinnen, und Borussia Dortmund (auswärts gegen Hannover) und Schalke 04 (daheim gegen Braunschweig) dürfen nicht gewinnen. „Wir sind alle traurig für Uli. Für uns wird er immer unser Präsident bleiben“, sagte Ribéry.

In München bewegt nun alle die Frage: Wie geht es ohne Hoeneß weiter? Geht es überhaupt ohne Hoeneß?

Rummenigge sagte, er sei kein Freund der Philosophie „Der König ist tot, es lebe der König“. Er halte es eher mit dem Satz „Gute Freunde kann niemand trennen“, den Ehrenpräsident Franz Beckenbauer geprägt hat. „Wir gehen beim FC Bayern mit der Situation seriös um. Wir müssen dafür sorgen, dass wir weiterhin stabil sind“, sagte Rummenigge.

Am 2. Mai werden die Mitglieder einen neuen Präsidenten wählen. Der Verwaltungsbeirat hat den bisherigen Vize und langjährigen Finanzvorstand Karl Hopfner vorgeschlagen, der bereits kommissarisch das Amt übernommen hat. Hopfner ist seit 1983 im Verein und sehr angesehen. Einige halten ihn für einen Platzhalter für den wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilten Hoeneß, der bei Haftverkürzung theoretisch in rund zwei Jahren zurückkehren könnte. Aufsichtsrat Edmund Stoiber betonte, dass für Hoeneß alles möglich sei, was auch immer dieser machen wolle. „Ich hoffe, dass ich noch erleben darf, dass er zurückkommt“, sagte Guardiola. Und natürlich wird darüber spekuliert, wie Bayern-Legenden wie Paul Breitner und Oliver Kahn künftig eingebunden werden könnten.

Sportvorstand Matthias Sammer weiß, dass der Klub bereits jetzt über starke Persönlichkeiten in der Führung verfügt und Veränderungen sensibel vorgenommen werden müssen. Und dass es zu früh ist, konkrete Pläne für eine Hoeneß-Rückkehr zu schmieden. Er nimmt den Vorstand in die Pflicht. „Wir stehen jetzt in der Verantwortung, Geschlossenheit und diese Angriffslust zu zeigen. Wir wollen überhaupt nicht in eine lethargische Phase verfallen“, so Sammer. Eine „Stunde Null“ sehe er nicht gekommen, der Geist von Hoeneß bleibe ja erhalten. Und niemand werde versuchen, den Macher des Klubs zu kopieren. „Der Verein hat sehr gut, sehr schnell reagiert.“

Hoeneß könnte sogar aus der „Hall of Fame“ ausgeschlossen werden

Freitag sei ein schwerer Tag gewesen. Persönlichen Kontakt zum verurteilten Ex-Präsidenten habe er nicht gehabt. Möglicherweise wird Hoeneß nun aus der „Hall of Fame des deutschen Sports“ ausgeschlossen, die Leitung der Stiftung Deutsche Sporthilfe beschäftigt sich gerade mit dieser Frage. Hoeneß wurde 2009 als „Manager mit sozialem Gewissen“ aufgenommen. Hoeneß wäre die erste Person, die ihren Platz in der „Hall of Fame“ verlieren würde. Nationaltorwart Manuel Neuer sagte auf dem Heimweg: „Auch wenn es bewölkt war, ist die Sonne trotzdem da. Und Uli Hoeneß wird immer für den FC Bayern da sein.“

An diesem Montag will die Staatsanwaltschaft erklären, ob sie Revision einlegt. Falls ja, könnte Hoeneß eine noch höhere Gefängnisstrafe drohen.