Stuttgart. Für die erste Überraschung benötigte Huub Stevens nur wenige Sekunden. Gerade erst hatte ihm der Pressesprecher bei seiner Vorstellung das Wort erteilt, da offenbarte der neue Trainer des VfB Stuttgart, dass er vor seinem Amtsantritt einen Experten zurate gezogen hatte: seinen Vorgänger Thomas Schneider. „Er kennt die Mannschaft besser, er war in der Kabine, beim Training, überall da, wo wir nicht waren. Hut ab! Danke, dass er mich treffen wollte“, sagte Stevens. Welche Tipps und Einschätzungen er sich beim beurlaubten „Ex“ der Schwaben geholt hat, wollte Stevens aber nicht verraten. Stattdessen schwor er sofort den gesamten Verein eindringlich auf das große Ziel ein – den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga.

„Es ist eins vor zwölf“, sagte der Niederländer und ließ seine Worte einen Sekundenbruchteil wirken, „was wir erreichen müssen, kann Huub Stevens nicht allein!“ Sportvorstand Fredi Bobic, Präsident Bernd Wahler, die VfB-Spieler, seien sie „alt, jung, schwarz oder weiß“, eben „alle von der Putzfrau bis zum Analysten“ würden gebraucht – nur so sei der Club vor dem ersten Abstieg seit 1975 zu retten.

Er habe nun unheimlich viel zu tun, sagte Stevens, deshalb strich er der Mannschaft gleich den freien Montag und setzte um 15 Uhr das erste Training unter seiner Leitung an. Über sein Knurrerimage scherzte Huub Stevens zwar („Ach, der Hund, der knorrige!“), jedoch ließ sich erahnen, dass nun der Ton rauer wird. „Ich werde deutlich zu den Spielern sein“, sagte Stevens, „sodass jeder weiß, was zu tun ist.“

In guter Kenntnis der Abwehrschwäche (51 Gegentore, die drittmeisten der Liga) modifizierte Stevens auch sein altes Credo. Die Null muss stehen? In Stuttgart darf es durchaus auch mal ein 4:3 sein: „Du musst ein Tor mehr schießen als der Gegner, dann hast du drei Punkte.“ Die erste Gelegenheit, den VfB zum Sieg zu führen, hat Stevens am Sonnabend (15.30 Uhr) in Bremen. Die Tage seit seiner Entlassung beim griechischen Vizemeister Paok Saloniki am 2. März hatte er in Alarmbereitschaft verbracht. „Ich habe geahnt, dass es so kommen würde. Ich habe gehofft, dass Schneider das hinkriegt, aber gesagt: Wenn es so eintritt, bin ich bereit.“

Es trat so ein. Nach „kurzen, knackigen Gesprächen“ (Bobic) ist Huub Stevens der dritte VfB-Trainer der Saison nach Bruno Labbadia und Schneider. Nun will er „jede Stunde nutzen, das Team kennenzulernen“, um den Absturz endlich zu stoppen. Einen einzigen Punkt hat der VfB aus neun Spielen geholt – aus dem Heimspiel gegen Braunschweig (2:2). Er habe dieses Spiel inzwischen angeschaut, sagte Stevens und grinste: „Ich konnte leider nicht anwesend sein.“