Ein Kommentar von Jörn Lauterbach

Auf dem Spielfeld waren Aaron Hunt die Glückwünsche des Gegners schon sichtbar unangenehm, und auch später lächelte er leicht gequält, als er von Journalisten gefeiert wurde. Wenn dem Werder-Profi eines wirklich zugute gehalten werden darf, dann das: Er zeigte ein gesundes Gespür dafür, dass das bloße Eingestehen einer Missetat nicht ausreicht, um für eine Heldentat gelobt zu werden. Das war geschehen: Hunts Mannschaft führte in Nürnberg in einem wichtigen Kellerduell 2:0, als er eine Viertelstunde vor Abpfiff in den gegnerischen Strafraum stürmte und nach einem Zweikampf zu Boden fiel. Alles sah danach aus, als hätte Nürnbergs Pinola Hunt gefoult, Schiedsrichter Gräfe zeigte auf den Punkt. Da rappelte sich Hunt auch innerlich auf und sagte zum Schiedsrichter: „War keiner“. Und so gab es auch keinen (Elfmeter). Später, vor den Kameras, erzählte Hunt überraschend freimütig, dass er den Strafstoß provozieren wollte und den Körperkontakt gesucht habe. „Einfädeln“, metaphorisch aus dem Skisport übernommen, heißt diese Variante des Spielbetrugs, die den Schiedsrichterjob so unglaublich schwer macht und die keinesfalls auf einer anderen moralischen Ebene anzusiedeln ist als die klassische Schwalbe.

Im Grunde haben wir es hier also mit einem reuigen Täter zu tun, das hat auch durchaus seinen Stellenwert, aber besser wäre es immer noch gewesen, der Werderaner wäre gar nicht auf die Idee gekommen, sich auf diese Weise einen Vorteil zu verschaffen. Feiern muss man ihn deswegen jetzt also wahrlich nicht, und für einen Fairnesspreis gibt es hoffentlich im Laufe eines Sportjahres noch bessere Kandidaten.