Der Rekordmeister dominiert nach Belieben. Dortmund, Leverkusen und Wolfsburg scheitern am Verletzungspech und an sich selbst

Dortmund/Hamburg. Am Sonntagmorgen zerstob die letzte Hoffnung auf ein halbwegs versöhnliches Wochenende für Trainer Jürgen Klopp. „Am Donnerstag habe ich die OP, danach beginnt direkt der Kampf um mein Comeback“, kommentierte Jakub Blaszczykowski den Riss des Kreuzbandrisses auf seiner Facebook-Seite. Der polnische Nationalspieler wird seiner Mannschaft damit sechs Monate fehlen. Blaszczykowski war beim 2:2 gegen Augsburg bereits in der fünften Minuten umgeknickt. „Das ist katastrophal, schon fast unheimlich, was in dieser Saison passiert“, sagt Abwehrmann Marcel Schmelzer.

Es ist wie verhext bei der Borussia. Auch Neven Subotic fällt seit dem zwölften Spieltag mit der gleichen Verletzung aus. Ilkay Gündogan hat wegen Rückenbeschwerden seit fünf Monaten nicht mehr gespielt. Zudem fielen Schmelzer, Mats Hummels, Lukasz Piszczek und Sebastian Kehl länger aus. „Das passt in diese Saison, das sollte jetzt aber auch der Schlusspunkt sein“, sagt Jürgen Klopp frustriert.

Sein Team ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Die Leichtigkeit und Spielfreude scheint mit Mario Götze nach München gewechselt zu sein. Der BVB wirkt blockiert. „Die Mannschaft hat sich viel vorgenommen. Dass dies auch zur Verkrampfung führen kann, haben wir heute erlebt. Die Freude am Spiel habe ich heute nicht gesehen“, sagt Klopp und resümiert: „Den Schuh muss ich mir anziehen.“ Einen Plan zur Reaktivierung der alten Lockerheit hat er derzeit nicht: „Wir werden sicherlich nicht im Kreis tanzen und uns bunte Kappen aufsetzen.“

Nach vier Heimspielen in Folge ohne Sieg ist die Bundesliga-Krise der Dortmunder unübersehbar. „Unser Stadion ist ein Selbstbedienungsladen“, sagt Roman Weidenfeller. Borussia Dortmunds Torwart musste mitansehen, wie seine Vorderleute ohne Plan gegen die Augsburger anrannten. Als es bei den Gästen mit dem Toreschießen nicht so klappte, halfen die Dortmunder sogar und schenkte ihnen ein Eigentor – Sven Bender egalisierte seinen Führungstreffer nach der Pause durch den Fauxpas.

Dabei benötigt die Liga dringend eine Dortmunder Mannschaft in Bestform. Denn wer sonst wäre in der Lage, dem FC Bayern Paroli zu bieten. Bayer Leverkusen? Von diesem frommen Gedanken haben sich die meisten Fans längst verabschiedet. Der Werksklub hat sich kommod eingerichtet in seiner Nische, die bloß nicht zu nah an der Spitze liegen soll. Fast scheint es, als ob die Leverkusener einen Zweikampf mit den Münchnern ausdrücklich scheuen. Manager Rudi Völler hört sich jedenfalls erstaunlich emotionslos an, wenn er kommentiert: „Manchmal musst du mit einem Punkt zufrieden sein. Am Ende haben wir vielleicht ein bisschen zu viel gewollt. Schade.“

Gegen Freiburg nützte auch eine zweimalige Führung nichts. In der zweiten Hälfte stellten die Westdeutschen den Spielbetrieb nahezu ein und kassierten in der letzten Minute den Knock-out. Trainer Sami Hyypiä zeigt sich ähnlich wie Völler ratlos: „Natürlich bin ich enttäuscht. Wir wollten einen guten Rückrundenstart. Leider hat es nicht geklappt.“

Und da es auch bei Hertha BSC und dem VfL Wolfsburg selbst gegen abstiegsbedrohte Mannschaften nicht einmal mit einem Punktgewinn klappte, kann die Meisterschale schon graviert werden. Hertha stellte sich gegen Eintracht Frankfurt zwar nicht schlecht an, doch ein Geniestreich von Alex Meier genügte, um die Hertha punktlos nach Berlin zu schicken. Und der VfL Wolfsburg? 20 Millionen Euro soll Mittelfeldspieler Kevin de Bruyne gekostet haben, der in der Winterpause vom FC Chelsea kam. Ob er die wert ist? Zweifel bleiben. Bei Chelsea bestritt der Belgier unter José Mourinho in der Hinrunde ganze drei Spiele. Einen Ersatzmann für diesen Preis loszuwerden, ist schon bemerkenswert.

Doch im Volkswagen-Konzern dämmert offenbar langsam die Erkenntnis, dass der Werksklub im grauen Tabellenmittelfeld wertlos ist für Werbezwecke. Wenn internationale Aufmerksamkeit erzeugt werden soll, dann muss die Champions League her. Dass es auch mit Kevin de Bruyne nicht einmal zu einem Punkt beim 1:3 gegen den niedersächsischen Nachbarn aus Hannover reichte, wird die Laune in der Zentrale nicht verbessert haben. Bis Wolfsburg sich tatsächlich zu einem Verein hochgerüstet hat, der den Bayern gefährlich werden kann, werden wohl noch ein paar Jahre vergehen.

Die Liga strebt einem spannungslosen Finale entgegen. Denn der Kampf um die Champions-League-Plätze und gegen den Abstieg mag regional erregend sein. Doch die wahre Würze zieht die Bundesliga traditionell aus dem Meisterschaftskampf. Und der ist nun im zweiten Jahr in Folge derart früh beendet, dass die Verantwortlichen der Deutschen Fußball Liga (DFL) sich Gedanken machen sollten, wie das zu kompensieren sein wird.

Zwar wird DFL-Chef Christian Seifert am Dienstag den „Bundesliga-Report“ der abgelaufenen Saison vorstellen und dabei zum neunten Mal in Folge einen Wachstumszuwachs vermelden können. Doch die alles erdrückende Übermacht der Bayern könnte nicht nur der Konkurrenz nachhaltig schaden, sondern irgendwann gar auf den Rekordmeister selbst zurückfallen. Dann nämlich, wenn die Pflichtsiege der Münchner von den Fans nur noch zur Kenntnis genommen werden.

Die Bundesliga hat immer mild lächelnd nach Spanien geschaut, wo mit Real Madrid und dem FC Barcelona nur zwei Teams ernsthaft um Rang eins konkurriert haben. Doch das Lachen ist vergangen. Denn derzeit würde sich Deutschland über einen Zweikampf freuen. „Die Bundesliga ist die spannendste Liga der Welt“, war stets das Credo der DFL. Doch das stimmt nicht mehr. Das deutsch-deutsche Champions-League-Finale mag ein Indiz dafür gewesen sein, dass Bayern und Dortmund vollends konkurrenzfähig auf internationaler Ebene sind. Doch ligaintern gibt es das große Gähnen.

Immerhin sorgen die Bayern trotz ihres souveränen 2:0-Sieges in Mönchengladbach am Freitag zumindest wieder für Schlagzeilen außerhalb ihrer Siegesserie. Wegen schlechter Trainingsleistungen hatte Trainer Pep Guardiola Stürmer Mario Mandzukic für dieses Spiel suspendiert. Doch schon am Sonnabend schoss sich Mandzukic in einem Trainingsspiel mit sechs Toren den Frust von der Seele. Am Mittwoch können die Bayern mit einem Sieg im Nachholspiel über den VfB Stuttgart ihren Vorsprung auf Bayer auf 13 Punkte ausbauen.