Dortmunds Trainer Jürgen Klopp wirkt nach dem 1:2 in Wolfsburg und dem Ausfall von Neven Subotic angeschlagen

Wolfsburg. Tiefes Durchatmen, in Falten gelegte Stirn, Unterkiefer in Bewegung: Die Signale, die Jürgen Klopp den kritischen Nachfragen der Journalisten vorausschickte, ließen nichts Gutes erahnen. „Ich verstehe das nicht“, sagte der angesäuerte Trainer von Borussia Dortmund. In der offiziellen Pressekonferenz sollte es um sein Reklamieren, seine Gespräche mit dem Schiedsrichter und mögliche Fehlentscheidungen gehen. Klopp fühlte sich nach der 1:2 (1:0)-Niederlage des Vizemeisters beim VfL Wolfsburg erneut an den Pranger gestellt und reagierte entsprechend bissig. „Ihr fragt gar nicht nach Neven“, monierte er. Die Fragen nach Innenverteidiger Neven Subotic, der sich in der Partie das Kreuzband im rechten Knie gerissen hatte und den Dortmundern über Monate fehlen wird, wären mit Sicherheit noch gekommen. Aber ein Klopp, der gerade erneut verloren hat, besitzt nicht die nötige Ruhe und Gelassenheit, um darauf zu warten.

Eine Dortmunder Woche, die die meisten Borussen mit einem Fäkalien-Wort bedachten, hatte am 12. Bundesliga-Spieltag ein besonders bitteres Ende gefunden. 0:1 in der Champions League gegen Arsenal London verloren, in Wolfsburg eine 1:0-Führung verspielt und dabei auch noch einen wichtigen Stammspieler namens Subotic verloren – während sich die Profis der Borussia entweder mit besonnenen Tönen in die Länderspielpause verabschiedeten, wählte ihr Chef den direkteren Weg. Klopp empfand nahezu jedes sachliche Nachhaken als Provokation und ist der Meinung, dass er von Fernsehjournalisten nur noch befragt wird, damit daraus eine Schlagzeile entsteht. „Das versuche ich zu umgehen“, sagte der Cheftrainer eines BVB, der in Wolfsburg zu lethargisch agiert hatte, um den heimstarken VfL mal eben so im Schongang bezwingen zu können.

Das hart umkämpfte Spiel, in dem Dortmund durch einen herrlichen Freistoß von Marco Reus (45.) glücklich in Führung gegangen war, hatte auf Grund eigener Fehler der Borussia noch eine Wende genommen. „Wir haben zu viele Ecken und Freistöße produziert“, gestand Torhüter Roman Weidenfeller. Beim 1:1 durch eine direkt verwandelte Freistoßflanke des starken Ricardo Rodriguez (56.) hatte er dabei das Nachsehen. Nach einem Kunstschuss von Ivica Olic zum 2:1 (69.) für Wolfsburg begann sich der Favorit noch einmal zu wehren, sah sich aber von Schiedsrichter Dr. Jochen Drees ungerecht behandelt. In zwei strittigen Situation kurz vor Spielende, als Robert Lewandowski von Rodriguez bedrängt worden war, hätte nach Dortmunder Ansicht zumindest einmal auf Elfmeter entschieden werden müssen. Mit den Debatten darüber waren die Borussen aber auf dem besten Weg, sich als schlechter Verlierer selbst in die Ecke zu stellen.

Als kurz nach dem Schlusspfiff voller Leidenschaft geschimpft und diskutiert wurde, war die Mehrheit der Blicke natürlich nur auf ihn gerichtet. Klopp hat sich an der Seitenlinie in der jüngeren Vergangenheit schon so manchen Ausraster geleistet und war zuletzt für sein aggressives Diskussionsverhalten in der Champions League für zwei Spiele auf die Tribüne verbannt worden. Dass diese befristete Verbannung bereits für einen Lerneffekt gesorgt hat, ließ sich in Wolfsburg nicht erkennen.

Klopp war verärgert auf den Unparteiischen zugegangen. Warum? „Ich wollte meine Spieler da wegholen, die naturgemäß erregt waren.“ Und wieso mit erhobenem Zeigefinger gegenüber dem Schiedsrichter? „Ich war relativ ruhig. Ich wollte ihm die Hand geben. Das hat ihn wohl ein bisschen erschreckt.“ Klopp nahm sich als Trainer einer deutschen Spitzenmannschaft das Recht heraus, den wütenden Lewandowski vor Schlimmerem zu bewahren. Und er mochte eben auch seinen Ärger nicht bei sich behalten. Der 46-Jährige wird deshalb damit leben müssen, dass sich sein Ruf als Verbal-Aggressor, Schiedsrichter-Kritiker und bockigem Verlierer nicht nur an Schalker Stammtischen hartnäckig hält.

Die Mehrheit der Dortmunder Profis trug sportliche Sweatshirts mit Kapuze in den schwarz-gelben Vereinsfarben. Diese wurde gerne genutzt, um den Frust zu verstecken. Allen voran Mats Hummels mochte nicht erklären, wieso der Niederlage in der Champions League auch noch ein Rückschlag in der Bundesliga gefolgt war. „Ich sage seit Monaten nichts“, erklärte der Nationalspieler, warum er zu keiner öffentlichen Stellungnahme bereit war.

Hummels hätte sich auch Fragen dazu gefallen lassen müssen, ob er nicht Glück hatte, um einen Platzverweis herumgekommen zu sein. Nach vielen kleinen Fouls und einer frühen Gelben Karte verzichtete Drees darauf, den Wiederholungstäter Hummels erneut zu bestrafen. Der Innenverteidiger hatte in der 74. Minute, als ein weiteres Tackling von ihm diskutiert wurde, Gegenspieler Patrick Ochs sogar an den Hals gefasst. Fragen zu dieser Szene, das muss BVB-Trainer Klopp auch zur Kenntnis nehmen, sind ihm angesichts der Aufregung erspart geblieben.