Münchner jetzt seit 36 Spielen ungeschlagen – wie Hamburg 1982/83. Trainer Guardiola fordert trotzdem Dominanz

München/Sinsheim. Thomas Müllers Haltung hatte etwas von Quasimodo. Gebückt schleppte sich der Nationalspieler des FC Bayern aus dem Stadion in Sinsheim, über den Kopf hatte er sich die Kapuze seiner Trainingsjacke gezogen, sein Blick war schmerzverzerrt. „Mein Rücken ist im Arsch“, stöhnte Müller. So sieht eigentlich jemand aus, der gerade eine Waschmaschine in den sechsten Stock geschleppt hat. Oder eben einer, der 2:1 (1:1) bei der TSG Hoffenheim gewonnen hat. Und sich dafür in Zweikämpfen aufreiben musste. „Es war eine schwere Geburt“, stellte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge fest.

Erkenntnis des Sonnabendnachmittags: Zur Not können die Bayern auch mal drei Punkte erkämpfen. Ohne Glanz, dafür mit viel Willen. Nach einem Fehler von Nationaltorwart Manuel Neuer hatte der 18-jährige Niklas Süle Hoffenheim in Führung geschossen (34. Spielminute), Mario Mandzukic fünf Minuten später ausgeglichen. In der zweiten Halbzeit mussten die Bayern viel investieren, und dank einer Unachtsamkeit der Gastgeber traf Müller zum 2:1 (75.). „Nach dem 0:1 mussten wir arbeiten. Es ist gut zu sehen, dass die Mannschaft arbeiten kann“, sagte Kapitän Philipp Lahm.

Für die Bayern war es das 36. Spiel in Folge ohne Niederlage. Eine solche Serie war zuletzt dem HSV zwischen 1982 und 1983 gelungen. „Ich habe damals Horst Hrubesch und Manfred Kaltz persönlich gratuliert, dieser Rekord des HSV war eigentlich für die Ewigkeit gedacht. Jetzt haben wir ihn eingestellt und wollen nächste Woche mit einem Sieg gegen den FC Augsburg einen neuen Rekord daraus machen“, sagte Rummenigge.

Die Bayern haben in den vergangenen 48 Spielen immer mindestens ein Tor erzielt. Zudem kann der Rekordmeister in den nächsten Wochen einen weiteren Bestwert aufstellen: Er ist seit 24 Auswärtsspielen ungeschlagen, den Rekord (27) hält er bislang selbst. Doch der Trainer ist nicht zufrieden. Pep Guardiola sagte nach dem Abpfiff gegen Hoffenheim: „Nicht alles lief optimal. Wir müssen und werden uns verbessern, um Meister zu werden. Daher werden wir unsere Spielweise korrigieren müssen.“

Was meint er konkret? Das wollte Guardiola (noch) nicht verraten. Er werde das zunächst seinen Spielern erklären, so der Spanier. Nur so viel: „Es geht um taktische Dinge.“ Was ihn besonders nervt: Gegen Hoffenheim war seine Mannschaft zum dritten Mal in Folge in Rückstand geraten. Eine für den FC Bayern sehr ungewohnte Serie. Braucht das Team derzeit immer einen Weckruf in Form eines Gegentreffers? „Ich brauche das nicht. Und ich glaube, die Mannschaft auch nicht“, sagte Rummenigge.

Guardiolas Aussage klingt auch wegen seines begrenzten deutschen Wortschatzes wohl kraftvoller, als er es wollte. Es geht ihm natürlich nicht darum, sein gesamtes Konzept infrage zu stellen. Ihn stört nur, dass die Mannschaft zuletzt nicht mehr so dominant auftritt wie vor wenigen Wochen. Beim 3:2 gegen Hertha BSC vor einer Woche hatten die Münchner für ihre Verhältnisse „nur“ 62 Prozent Ballbesitz, gegen Hoffenheim sogar nur 60.

Offensivstar Mario Götze ist von seiner Topform noch weit entfernt

Wenn Guardiola über Deutschland spricht, sagt er gern mal „Konterland“. Ihn beeindruckt die Konterstärke der Gegner, und er verlangt von seinen Profis mehr Stabilität, gerade im Zentrum. Der 42-Jährige gibt zu, dass er das Niveau in der Bundesliga zwar hoch eingeschätzt, aber dennoch unterschätzt habe. „Ich bin überrascht von diesem Niveau. Es ist doch etwas ganz anderes, wie wenn man im Europapokal gegen deutsche Klubs spielt. Die Mannschaften sind gefährlich. Das ist ein großer Test für mich als Trainer.“ Er brauche noch Zeit, um seine Mannschaft und die Gegner besser kennenzulernen.

In den bisherigen elf Ligaspielen wählte Guardiola elf verschiedene Aufstellungen. Die Rotation dürfte er auch in den kommenden Wochen beibehalten. Es liegt nahe, dass Guardiola unabhängig von der Startelf mit der Effektivität seiner Mannschaft derzeit nicht zufrieden ist. In Sinsheim vergaben die Bayern mehrere gute Chancen. Der Trainer wünscht sich, dass die Mannschaft Spiele früher entscheidet. Und Laufwege und Abstimmung optimiert, vor allem beim Umschalten von Angriff auf Defensive und umgekehrt. In den vergangenen fünf Spielen schafften es die Bayern nicht, zur Halbzeitpause zu führen. Offensivstar Mario Götze gehörte gegen Hoffenheim erstmals seit August in einem Ligaspiel zur Startelf und ist von seiner Topform noch entfernt, ebenso Javi Martinez, der erstmals in dieser Saison in der Bundesliga von Beginn an spielte.

Am Dienstag spielen die Bayern in der Champions League bei Viktoria Pilsen. Sollten sie gegen die Tschechen gewinnen, wäre der Einzug ins Achtelfinale perfekt. In drei Wochen steigt das Topspiel der Bundesliga bei Verfolger Borussia Dortmund. „Dortmund ist eine der weltbesten Mannschaften. Es wird eine Herausforderung für uns, dort zu gewinnen“, so Guardiola.