Das 143. Revierduell zwischen Schalke und Dortmund wurde von Ausschreitungen im Fanblock des BVB überschattet

Gelsenkirchen. BVB-Trainer Jürgen Klopp schämte sich unmittelbar nach dem 3:1-Erfolg gegen Schalke („Dafür fehlt mir jegliches Verständnis“), Gelsenkirchens Vorstand Horst Heldt fand es „lebensgefährlich“, und selbst Torhüter Roman Weidenfeller musste den Leuchtraketen ausweichen: Krawalle im Dortmunder Block mit Bengalos und Rauchbomben überschatteten das 143. Revierderby und heizten die Diskussion über die Sicherheit in Fußballstadien wieder an.

„Das ist einfach lebensgefährlich“, urteilte Heldt, nachdem Leuchtraketen aufs Spielfeld und in die Nachbarblöcke geflogen waren und der Ruhrpott-Klassiker mit fünfminütiger Verspätung begonnen hatte. „Es ist noch mal eine andere Dimension, wenn Bengalos in die Zuschauer geschossen werden“, ergänzte der Schalker Manager.

Schwarz vermummte Krawallmacher hatten kurz vor Spielbeginn Pyrotechnik und Böller gezündet, Plexiglasscheiben eingeschlagen und Fans auf den benachbarten Rängen attackiert. „In diesem Moment schämt man sich“, gab Klopp zu: „Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein Störfeuer.“

Die Polizei nahm acht Randalierer fest und drei weitere in Gewahrsam. „Von den nackten Zahlen hört es sich wie ein ganz normales Derby an, aber die erschreckenden Bilder haben wir alle vor Augen“, sagte Gelsenkirchens Polizeisprecher Johannes Schäfers, „das sind keine Fans, sondern Kriminelle. Sie wollten Leib und Leben Unbeteiligter schädigen.“ Es habe im Gästeblock schwere Sachbeschädigungen, Verwüstung und Vandalismus gegeben.

„Wir verurteilen die Vorfälle aufs Schärfste. Hier werden von Einzelnen Verletzungen anderer billigend in Kauf genommen“, sagte DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig. „Jetzt gilt es, dass die Polizei gemeinsam mit den Clubs die Täter schnellstmöglich ermittelt, damit diese gezielt bestraft werden.“

Schon bei der Anreise sorgte eine Gruppe BVB-Anhänger für Chaos

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kündigte ein rigoroses Vorgehen gegen die Täter an. „Ich verspreche, dass wir etwas unternehmen werden“, sagte er: „Wir können schon einschätzen, wer die Rädelsführer waren.“ Die Polizei nahm Ermittlungen auf. „Wir werden das Filmmaterial auswerten. Aber es wird uns gewisse Probleme bereiten, weil die Täter stark vermummt waren“, sagte Schäfers und stellte klar, dass der Verein das Hereinschmuggeln von Feuerwerkskörpern unterbinden muss: „Die Kontrollen sind Aufgabe des Ordnungsdienstes.“

Schon am Vormittag hatten etwa 350 Fans des BVB am Bahnhof Essen-West für Chaos gesorgt. Die Anhänger durchbrachen nach Angaben der Polizei Gelsenkirchen eine „polizeiliche Absperrung“, stiegen in einen Zug und provozierten einen Nothalt. Der Bahnhof musste vorübergehend gesperrt werden. Die laut Polizei „schwarz gekleideten Anhänger“ hätten gegen elf Uhr versucht, „in einer großen Gruppe konspirativ über Essen nach Gelsenkirchen zum Stadion zu gelangen“, hieß es in einer Mitteilung. Von 376 Dortmundern wurden die Personalien festgestellt. Die Fans wurden daraufhin in fünf Bussen, flankiert von der Polizei, zum Stadion gebracht.

Der Prestigesieg, der die Kräfteverhältnisse nach zuvor zwei Niederlagen für den BVB (zweimal 1:2 in der vergangenen Saison) wieder zurechtrückte, geriet bei den Hauptdarstellern fast zur Nebensache. Für etwas Verwunderung sorgte, dass die Sieger nach Spielschluss dennoch mit den Krawallmachern feierten. „Wir sind völlig unbeleckt in die Kurve gegangen und haben gar nicht mehr darüber nachgedacht“, sagte Klopp. Was er nicht wusste: Es geschah in Abstimmung mit den Sicherheitskräften, um nicht weitere Ausschreitungen zu provozieren. So explodierte eine Viertelstunde vor dem Abpfiff ein Böller mit ohrenbetäubendem Lärm.

Nachahmer fanden sich einen Tag später. Beim Zweitligaspiel zwischen Dynamo Dresden und Energie Cottbus (1:0) provozierten die Anhänger der Gäste nach dem Gegentor zwei mehrminütige Spielunterbrechungen, als sie Böller und Feuerwerkskörper auf den Rasen warfen.

Dortmunds Torwart Weidenfeller konnte vier der letzten acht Elfmeter abwehren

Abgesehen von diesen Vorfällen sahen die Zuschauer eine Partie, die von Kampf, Emotionen und Fehlern lebte. Dabei zeigten die Borussen vier Tage nach dem grandiosen 2:1 in der Champions League beim FC Arsenal, dass sie taktisch und spielerisch den Königsblauen einige Schritte voraus sind – was auch die Tabelle dokumentiert. Nach zehn Spieltagen liegen die Schalker bereits elf Punkte hinter den Schwarz-Gelben. „Die anderen sind uns enteilt. Ich kann auch die Tabelle lesen“, sagte Heldt, „wir müssen nun sehen, dass wir den vierten Platz holen.“

Gefeierter Spieler beim BVB war Weidenfeller. Der Borussen-Torwart hatte mit dem gegen Ex-Mitspieler Kevin-Prince Boateng gehaltenen Elfmeter (30.) großen Anteil am ersehnten Erfolg. Schließlich hätte die Partie nach Pierre-Emerick Aubameyangs früher Führung (14.) womöglich mit dem 1:1-Ausgleich einen anderen Verlauf genommen. Doch Schalkes Mittelfeldstar scheiterte am gut reagierenden Weidenfeller, der seine gelungene Parade auch auf gemeinsame Trainingseinheiten zurückführte und vier seiner letzten acht Strafstöße entschärfte.