Der Bundestrainer des DFB bleibt bis 2016. Doch ob es eine Ausstiegsklausel gibt, lassen er und der Verband offen – Hans-Dieter Flick wird nach der WM Sportdirektor

Frankfurt/Main. Es duftete nach deftigem Essen am Freitagmorgen im Foyer der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Und das kommt selten vor, gibt es doch fußläufig vom Verbandssitz für die Mitarbeiter eine Kantine, in der sie speisen können. Aber dort hätte der Rahmen für das Buffet nicht gepasst, das Bundestrainer Joachim Löw und die sportliche Leitung der deutschen Nationalmannschaft aus besonderem Anlass spendierten.

Rund 70 Mitarbeiter des DFB waren der Einladung zu Speis und Trank gefolgt. Der Bundestrainer bedankte sich in seiner Rede bei den Anwesenden unter anderem für ihr Engagement in Bezug auf die deutsche Nationalelf. „Der Erfolg dieser Mannschaft ist auch ein Erfolg von Ihnen“, sagte der 53-Jährige, ehe allen im Beisein von Präsident Wolfgang Niersbach sowie Generalsekretär Helmut Sandrock mitgeteilt wurde, was seit Tagen schon kein Geheimnis mehr war: 237 Tage vor dem Start der WM 2014 in Brasilien hat Löw seinen Vertrag bis 2016 verlängert.

Zeitgleich unterschrieben am Freitag auch Teammanager Oliver Bierhoff, 45, und Bundestorwarttrainer Andreas Köpke, 51, neue Arbeitspapiere für weitere zwei Jahre. Hansi Flick, 48,, Löws Assistenztrainer, ersetzt nach der WM erwartungsgemäß beim Verband Robin Dutt als Sportdirektor. Womit die Hausmacht des Bundestrainers intern noch einmal steigen dürfte, gilt Flick doch als einer seiner engsten Vertrauten. Robin Dutt hatte im Mai nach nur zehn Monaten um die Aufhebung seines Vertrags gebeten, weil er das Verlangen hatte, wieder als Trainer zu arbeiten. Das macht er seit Juli bei Werder Bremen. Sein Nachfolger Flick erhält einen Fünfjahresvertrag bis August 2019. Damit ist klar, dass Joachim Löw einen neuen Co-Trainer benötigt. In den kommenden Wochen, sagte er am Freitag, wolle er dieses Thema mal genauer angehen. Angeblich soll er aber schon einen Kandidaten im Auge haben, dieser sei aber noch woanders unter Vertrag.

Die Protagonisten des DFB strahlten um die Wette, nachdem sie das Buffet im Foyer verlassen und schließlich im Medienraum Platz genommen hatten. Präsident Niersbach bezeichnete die Vertragsverlängerung als „ein klares Signal vonseiten des DFB, vonseiten des Präsidiums und auch von mir. Wir sind absolut überzeugt von Joachim Löw und seinem Team“. Löw selbst sagte, dass er die Verlängerung als ein Zeichen der gegenseitigen großen Wertschätzung werte. „Wir haben eine große Motivation“, betonte der Bundestrainer, der 2004 als Jürgen Klinsmanns Assistent zum Nationalteam gekommen war und nach der WM 2006 Klinsmanns Amt übernommen hatte.

Obwohl versucht wurde, das Thema am Freitag zu umschiffen, dürfte den Herren beim DFB klar sein, dass eine misslungene WM-Mission unabhängig von der aktuellen Vertragsveränderung das Ende der Amtszeit von Löw bedeuten könnte. Er selbst hatte diese Diskussion zuletzt befeuert und quasi seinen Rücktritt für den Fall angekündigt, dass er mit seiner Mannschaft kommenden Sommer vorzeitig rausfliegen sollte.

„Wenn wir so ausscheiden wie die Niederlande bei der vergangenen EM und nach der Vorrunde ohne einen Sieg nach Hause fahren, sind wir uns wohl alle im Klaren darüber, dass es dann eine Veränderung geben muss“, hatte Löw gesagt und klargestellt: „Da sind wir nicht blauäugig.“

Daraufhin war in der Öffentlichkeit von geheimen Ausstiegsklauseln im neuen Vertrag die Rede. Von Eckpunkten, die es offenbar beiden Seiten – Löw und dem DFB – ermöglichen würden, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Was so viel bedeuten würde, dass der neu aufgesetzte Vertrag ja nicht viel mehr Wert hätte als das Papier, auf dem er gedruckt wurde.

Als Löw auf eine mögliche Klausel angesprochen wurde, sagte er erneut, dass keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit vorhanden wäre, „sollten wir in der Vorrunde bei der WM ausscheiden und ohne Punkt nach Hause fahren“. Allerdings würde es keinen Sinn machen und der Sache auch nicht dienen, ergänzte der Bundestrainer, jetzt über solche Szenarien zu diskutieren. Es sei ein Vertrag geschlossen worden, und er sei überzeugt, „dass wir eine sehr, sehr gute WM spielen“.

Doch was genau bedeutet „sehr, sehr gute WM“? Löw weiß, dass die Erwartungen hierzulande extrem gestiegen sind. Allein die Reaktionen nach dem vergangenen EM-Turnier, bei dem Deutschland im Halbfinale gegen Italien verloren hatte, haben gezeigt, wie hoch die Messlatte inzwischen liegt. Da war nicht von Pech oder unglücklichen Umständen die Rede. Nein, von einer Mannschaft, die im entscheidenden Moment versagt hatte – inklusive ihres Trainers, der damals von seiner Spielweise abgerückt war. Löw nutzte die Gelegenheit deshalb auch für eine Kritik an der zeitweise überdimensionalen Erwartungshaltung in Deutschland.

„Auf der anderen Seite finde ich das auch ein bisschen despektierlich gegenüber den anderen Nationen“, beschwerte sich Löw, „wenn man das so liest, dass es nichts anderes als den Titel für uns gibt.“ Mit Blick auf Spanien, Brasilien „und auch andere Mannschaften, die eine immense Qualität haben“, sei es „nicht berechtigt“, dass „man sagt: ‚Deutschland wird wie selbstverständlich den Titel holen‘“.

Wie Löw versuchte auch Wolfgang Niersbach, das Thema Ausstiegsklausel im Keim zu ersticken. Und vor allem: Er dementierte deren mögliche Existenz nicht. „Der DFB ist ein sehr traditioneller Verband, und zur Tradition gehört es, dass wir darüber nicht sprechen.“ Er fände es toll, ergänzte er mit einem kleinen Seitenhieb, wenn das von der Öffentlichkeit so akzeptiert werde.

Berti Vogts, der 1996 bei der EM den bislang letzten Titel holte, lobte: „Mit der Vertragsverlängerung hat der DFB ein gutes Paket geschnürt. Die Entscheidung für Löw ist völlig richtig, auch der Zeitpunkt klug gewählt. Nun kann keine Unruhe mehr in Hinblick auf die Zukunft des Bundestrainers aufkommen, sollte in der WM-Vorbereitung das eine oder andere nicht klappen“, sagte Vogts. Für Kopfschütteln bei ihm habe allerdings die Diskussion über eine mögliche Ausstiegsklausel gesorgt: „Deutschland hat eine der besten Nationalmannschaften der Welt. Da brauchst du kein Schlupfloch.“ Die WM wird es zeigen.