Neuer Trainer, alte Schwierigkeiten – Robin Dutt wird beim Bremer 0:3 gegen Frankfurt von der Vergangenheit eingeholt

Bremen. Sogar der sonst so eloquente Thomas Eichin schwieg lieber. Dabei lag die Frage nach der dritten Niederlage in Serie auf der Hand: „Wie groß ist die Gefahr, dass Werder wieder durchgereicht wird?“ Der zuvor und danach so wortgewaltige Manager des Bremer Bundesligisten stutzte kurz, sagte dann knapp: „Das sind Fragen, die will ich gar nicht beantworten.“

Den Fans hatte es beim 0:3 gegen Eintracht Frankfurt ebenfalls die Sprache verschlagen. Sie pfiffen. Schon nach zwanzig Minuten gab es die ersten Unmutsbekundungen mit spitzen Lippen. Später wurde es laut. Nach dem Ende der erschreckenden 90 Minuten, die mit drei Gegentoren ergebnistechnisch noch halbwegs glimpflich endeten, verabschiedeten die Anhänger die Spieler mit einem Pfeifkonzert. Kurioserweise war die Leistung gegen Frankfurt vor dem Platzverweis von Franco di Santo (26.) wegen eines üblen Kung-Fu-Tritts gegen Bastian Oczipka noch schwächer als danach. „Ich bin ein bisschen angezählt, was die ersten Minuten angeht“, gab Eichin zu und attestierte eine „grausame Leistung. Wie wir anfangen, wie wir im eigenen Stadion beginnen, das ist einfach mutlos.“

„Ich verstehe die Fans, dass sie unzufrieden sind“, sagte auch Aaron Hunt, der zu allem Überfluss auch noch zwischen dem Doppelpack von Vaclav Kadlec (14., 34.) und Sebastian Prödls Eigentor (77.) mit einem Elfmeter (58.) an Kevin Trapp scheiterte. „Wir gehören zu den Teams, die unten drinnen stehen“, fasste der Werder-Profi mit gesenktem Blick zusammen: „Diese Situation müssen wir annehmen.“

Richtig, Werder steckt nach nur fünf Spieltagen schon wieder in die Krise. In den drei vergangenen Partien kassierte Werder acht Gegentore und erspielte sich bei nur einem Treffer kaum Torchancen. Schon zu Saisonbeginn wurde diese spielerische Armut deutlich, aber zumindest stand die Defensive bei den 1:0-Siegen über Braunschweig und Augsburg halbwegs stabil.

In den vergangenen 19 Pflichtspielen erreichte Werder nur zwei Siege

Derzeit jedoch vermittelt kein Mannschaftsteil einen erstligareifen Eindruck. Zusätzlich haben die Bremer keinen Akteur, der internationales Format oder Führungsqualitäten besitzt. Saisonübergreifend ging Werder in 19 Pflichtspielen nur zweimal als Sieger vom Platz – es ist die Bilanz eines Absteigers. Zumindest um diese Erkenntnis wurde nach der Niederlage gegen Frankfurt nicht herumlaviert. „Wer nicht begreift, dass wir in dieser Saison nicht oben mitspielen, sondern uns im unteren Tabellendrittel aufhalten, dem ist nicht zu helfen“, sagte Eichin.

Ob damit auch Trainer Robin Dutt gemeint ist? Der 48-Jährige jedenfalls steht im Fokus. Ähnlich wie Vorgänger Thomas Schaaf setzt auch Dutt auf Akteure, die spielerische sowie mentale Defizite offenbaren: Torwart Sebastian Mielitz, die Verteidiger Fritz und Prödl, Spielgestalter Hunt und Mehmet Ekici sowie die Angreifer Eljero Elia und Nils Petersen. Talente mit vielversprechenden Ansätzen wie Tom Trybull und Özkan Yildirim finden wie schon unter Schaaf auch bei Dutt kaum Beachtung. In den fünf Ligapartien ließ Dutt jeweils ein anderes Team auflaufen, der Trainer hat in drei Monaten immer noch keine Stammelf gefunden. Dafür wird es langsam Zeit, wie Dutts Vorgesetzter Eichin befindet. „Natürlich muss der Trainer irgendwann eine Formation finden, der er vertraut.“

Es passt zur angespannten Lage an der Weser, dass sich parallel erste Risse zwischen Team und Trainer zeigen. „So leblos dürfen wir in einem Heimspiel nicht auftreten“, sagte Dutt. „Ich habe dafür keine Erklärung und bin sehr verärgert.“ Schon bei seiner vergangenen Ligastation in Leverkusen überwarf er sich mit Teilen seines Kaders. Damit sich dies in Bremen nicht wiederholt, will Dutt jetzt „bei jedem meiner Spieler in Gesprächen nachforschen, warum so ein Auftritt wie gegen Frankfurt zustande kommt“. Möglicherweise, so der Trainer, sei die Mannschaft immer noch aus der vergangenen Spielzeit mental blockiert.

Unterm Strich wirken die neuen Werder-Verantwortlichen schon nach fünf Spieltagen so ratlos wie ihre Vorgänger Allofs und Schaaf. „Ich weiß nicht, woran es liegt“, gestand Eichin. Und auch Dutt mochte nicht alle Fragen beantworten: „Sonst nehmen wir den Leuten hier total die Hoffnung – und das geht nicht.“

Trainer Dutt macht mentale Probleme als Ursache für die Misere aus

Immerhin, Dutt versuchte erst gar nicht, irgendetwas schön zu reden. Die frühe Rote Karte, der verschossene Elfmeter und das Eigentor „sind nur Randgeschichten“, erklärte der Coach und fügte an: „Ich bin weit davon entfernt, einige Lichtblicke zu erwähnen.“ Für Dutt sind die aktuellen Probleme auch Folgen der vergangenen Spielzeiten, in denen sich Werder vom Dauergast in der Champions League zu einem dauerhaft vom Abstieg gefährdeten Club entwickelt hat. „Es haben sich Dinge festgesetzt“, sagte er: „Es sind Dinge, die man im Kopf aufbrechen muss.“

Worte, die auf einen langwierigen Prozess hindeuten. Aber Eichin wusste zumindest, was die Fans vor dem Derby gegen den noch schlechter gestarteten Rivalen HSV gerne hören wollen: „Am Sonnabend spielen wir in Hamburg, da haben wir die Chance zur Wiedergutmachung. Dort können wir das Ding wieder drehen.“