Beim 3:1 gegen Mönchengladbach verrät der FC Bayern München unter Trainer Pep Guardiola noch einige Schwächen

München. Draußen, an der Seitenlinie, vergaß Pep Guardiola am Freitagabend, wer er war. Er rannte die Angriffe des FC Bayern München mit, bis ihn die Begrenzung der Trainerzone stoppte, er hüpfte und trat in die Luft, als kämpfte er, und nicht Bayerns Thomas Müller vierzig Meter weiter um den Ball. Pep Guardiola spielte in seiner ersten Bundesligapartie an der Seitenlinie zwischenzeitlich körperlich mit, in seinem Kopf ein Fußballer auf dem Spielfeld und nicht Bayern Münchens neuer Trainer. Doch im Spiel war bei Bayerns allenfalls halbherzig überzeugenden 3:1-Sieg über Borussia Mönchengladbach zum Auftakt der neuen Saison weniger Einfluss von Guardiola zu erkennen, als nach all den Experimenten des Trainers und der Aufregung darüber vorstellbar schien.

Es war, in der Essenz, der alte FC Bayern, der sich am Freitag zeigte, mit dem Passspiel der Abwehr in die Breite, das vor drei Jahren der damalige Trainer Louis van Gaal gefördert hatte, und dem blitzartigem Zuschlagen nach Ballgewinn, das der deutsche Meister unter Trainer Jupp Heynckes vergangene Saison so formvollendet demonstriert hatte. In der lebendigen Partie wirkte Mönchengladbach mit seinem eleganten Flachpassfußball oft sogar klarer, strukturierter, Juan Arango und der flinke Patrick Hermann verbanden geschickt Mittelfeld und Angriff. In der zweiten Halbzeit wackelte der FC Bayern recht heftig, ehe David Alaba mit einem Elfmetertor nach 68 Minuten zum 3:1 eine Souveränität im Ergebnis herstellte, die auf dem Spielfeld nicht mehr zu erkennen war.

Letztendlich erzwangen die Münchener mit einzelnen Geistesblitzen den Sieg: Franck Ribéry öffnete mit einem Flugball über 30 Meter auf die andere Spielfeldseite Arjen Robben den Weg zum 1:0, Mario Mandzukic staubte geistesgegenwärtig nach einem Eckball zum 2:0 ab, da waren erst 16 Minuten gespielt, und die Ironie des Abends erschloss sich schon: Während alle Welt mit ungezügelter Neugierde darauf starrte, welchen Zauber der legendäre neue Trainer den Bayern wohl bringe, war es ganz simpel die Klasse einzelner Spieler in einzelnen Momenten, die Guardiolas ersten Sieg brachte.

Nur noch ein kleiner Akzent blieb von all den Neuerungen übrig, mit denen Guardiola in der Saisonvorbereitung das Publikum genauso wie seinen neuen Spieler erschüttert hatte. Das Mittelfeld, wo für Guardiola der Fußball entsteht, hatte der Trainer wie erwartet umgebaut, mit Bastian Schweinsteiger als einzigem defensiven Schutzschild und zwei kreativen Spieler davor. Pep Guardiola wurde in drei Jahrzehnten beim FC Barcelona zum Glauben bekehrt, dass Fußball so am effektivsten funktioniert, mit dem Vorrang für die Kreativität im Mittelfeld. Er mag den Ort gewechselt haben, aber der Glauben ist geblieben.

Am Freitagabend allerdings wird er nicht viele zu seiner Theorie bekehrt haben: Schweinsteiger ließ mit einem Ballverlust und einem Fehlpass gleich zu Beginn die Gefahren des Systems erkennen. Er fing sich danach, auch wenn ein Eindruck von mangelnder Kraft in Schweinsteigers Spiel blieb. Guardiolas Idee, dass sich vom Zentrum aus ein emsiges Kurzpassspiel ausbreitet, war nur in Spurenelementen zu erkennen, besonders zwischen der zehnten und 35. Minute, als Toni Kroos einige feine Direktpässe austeilte und Arjen Robben tatsächlich ernst damit machte, sich unter Guardiolas Einfluss mit 29 Jahren zum ersten Mal in seiner Karriere in Passkombinationen einzubringen. Doch Dantes Eigentor in der 41. Minute zum 2:1, als er in einen Pass von Arango grätschte, den Torwart Manuel Neuer sicher abgefangen hätte, brachte eine Münchener Verunsicherung ans Licht, die man vergangene Saison so nicht kannte.

„Jede Veränderung braucht Zeit“, sagte Bayerns Javi Martínez: „Die Ankunft von Pep hat uns einen völlig anderen Fußball gegeben.“ Der Schlüsselspieler der Vorsaison spürte die neue Zeit am Freitag am schmerzhaftesten: Der Trainer ließ ihn auf der Ersatzbank, am Abend, als der völlig andere Fußball Guardiolas nur mit viel Fantasie zu erahnen war.