Die deutschen Fußballerinnen treten am Sonntag um 16 Uhr im Finale bei der Europameisterschaft gegen Norwegen an. Bei einem Sieg erhält jede Spielerin 22.500 Euro.

Solna. Die Party-Planung für Sonntagabend läuft, der Empfang in der Heimat steht schon fest, Joachim Löw und Co. fiebern mit – doch die deutschen Fußballerinnen wollten nach ihrem Stockholmer Shoppingausflug am freien Freitagvormittag von all diesen Nebengeräuschen nichts hören. „Wir müssen total konzentriert sein. Mit Hacke, Spitze, eins, zwei, drei und noch ein bisschen mit dem Popo wackeln werden wir nicht gewinnen“, sagte Spielführerin Nadine Angerer vor dem EM-Finale am Sonntag in Solna gegen Norwegen (16 Uhr/ARD, Eurosport und Liveticker auf abendblatt.de): „Wir brauchen Mut, Leidenschaft und Spaß.“

Angerers Teamkolleginnen sollten sich die Worte ihrer Torhüterin zu Herzen nehmen, wenn sie den sechsten EM-Triumph in Folge und den achten insgesamt für die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) feiern wollen. Schließlich kassierte das runderneuerte DFB-Team, das ohne sechs verletzte oder kranke Stammkräfte bei der Endrunde auskommen muss, zum Abschluss der Vorrunde vor zehn Tagen eine historische Niederlage gegen den Weltmeister von 1995. Die Bundestrainerin hat das 0:1 gegen den zweimaligen Europameister und Olympiasieger von 2000 jedenfalls noch nicht vergessen. „Dass Norwegen ein guter Gegner ist, haben wir ja schon in der Gruppenphase gesehen. Sie sind robust, klar strukturiert und erzwingen immer wieder Torchancen. So können sie immer wieder gefährlich werden“, sagte Silvia Neid, die durch den Finaleinzug wieder fest im Sattel sitzt: „Aber wir wollen am Ende erfolgreich sein. Denn wenn man im Finale ist, dann will man natürlich auch den Titel gewinnen.“

Vor dem Endspiel sprechen einige Faktoren für die Mannschaft Neids, die ihr Team aufgrund der personellen Probleme stark verjüngen musste (23,5 Jahre im Schnitt). Die Norwegerinnen, die seit dem vergangenen Jahr wieder von ihrem mittlerweile 60 Jahre alten Weltmeister-Trainer Even Pellerud betreut werden, mussten im Halbfinale gegen Dänemark in die Verlängerung und ins Elfmeterschießen. Für die Skandinavierinnen kommt erschwerend hinzu, dass sie einen Tag weniger Pause vor dem Finale haben. Zumal am Sonntagnachmittag in Solna wieder hochsommerliche Temperaturen erwartet werden.

Die Deutschen dagegen konnten sich im Turnierverlauf steigern, haben erst ein Gegentor kassiert und können beim Blick auf die EM-Historie zusätzliche Kraft tanken. „Wir wissen, welches Potenzial in unsere Mannschaft steckt. Im Halbfinale gegen Schweden haben wir es gezeigt“, sagte Saskia Bartusiak. Und Lena Lotzen ist sicher, dass man sich diesmal ganz anders präsentieren wird als zuletzt bei der schmerzlichen Niederlage in Kalmar. Frech kündigte die 19-Jährige vom FC Bayern München an: „Wir werden uns zerreißen. Wir spielen nicht im Finale, um dort zu verlieren.“

Der zweimalige Weltmeister Deutschland ging nach allen bisherigen sieben Final-Teilnahmen als Sieger vom Platz - dreimal hieß der geschlagene Endspielgegner Norwegen (1989, 1991, 2005). Die empfindlichen Pleiten gegen die Skandinavierinnen (0:1 im Halbfinale der Olympischen Spiele 2000 und 0:2 im WM-Finale 1995) setzte es nicht bei einer EM-Endrunde. Neid, die bei der Niederlage im WM-Finale vor 18 Jahren auf dem Platz stand, interessiert die Vergangenheit allerdings nicht. Die 49-Jährige, in deren Kader nur noch neun Europameisterinnen von 2009 und zehn Teilnehmerinnen der WM 2011 stehen, blickt bereits in die Zukunft. Für die Trainerin wäre ein Final-Erfolg wichtig für die weitere Entwicklung ihrer Schützlinge. „Das sind alles tolle junge Menschen. Sie haben Ziele, sie sind intelligent und können Fußball spielen. Das ist eine Mannschaft mit großer Perspektive“, sagte Neid, die um den Einsatz von Torjägerin Celia Okoyino da Mbabi (Oberschenkel-Zerrung) – die schon im Halbfinale gegen Schweden (1:0) gefehlt hatte – bangen muss.

Die Rolle des Glücksbringers wird erneut DFB-Präsident Wolfgang Niersbach übernehmen. Der Verbandschef wird, wie schon vor dem Viertel- und Halbfinale, auch zum Endspiel einfliegen. Falls Niersbach seine Aufgabe erfüllt, muss er die Schatulle des Verbandes öffnen. Den Spielerinnen, die jeweils 15.000 Euro sicher haben, werden eine EM-Rekordprämie in Höhe von 22.500 Euro erhalten. Auch in Schweden wird der DFB-Chef von den Spielerinnen, die am Montag um 11.30 Uhr in Stockholm in den Flieger steigen und um 13.45 in Frankfurt/Main erwartet werden, noch zur Kasse gebeten. Schließlich ist eine Final-Party – zum Feiern oder zur Frustbewältigung – obligatorisch. Sie wird im Teamhotel Radisson Blu in Solna stattfinden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bayern-Präsident Uli Hoeneß drücken die Daumen, damit eine Trophäe bei der Feier im Mittelpunkt steht. In Frankfurt ist die Party vom Final-Ausgang abhängig: Bei einem Sieg wird mit den Fans auf dem Römer gefeiert, bei einer Niederlage steht nur ein Empfang am Flughafen an.

Die voraussichtliche deutsche Aufstellung: Angerer - Maier, Krahn, Bartusiak, Cramer - Keßler, Goeßling - Lotzen, Marozsan, Laudehr - Mittag.