Paris und Aufsteiger Monaco haben mehr Geld für neues Personal ausgegeben als alle 18 Bundesligavereine zusammen

Berlin. Nasser Al-Khelaifi ist der Präsident von Paris St. Germain und als solcher Statthalter von Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani, dessen Qatar Sports Investments (QSI) den Club einst kaufte. Als ihm in den vergangenen Tagen das Werben des FC Barcelona um seinen Kapitän Thiago Silva zu bunt wurde, da drohte Al-Khelaifi mit allem, was er hat oder verwaltet. Und das ist vor allem eines: Geld. Sollte Barcelona also Innenverteidiger Thiago Silva aus dem aktuellen Vertrag ablösen, dann würde er die festgeschriebene Ablösesumme für Barças Besten, Lionel Messi, zahlen. 250 Millionen Euro wären das. Bis 2018 ist Weltfußballer Messi an Barcelona gebunden. Jene exorbitante Summe soll signalisieren, dass Messi unverkäuflich ist. Doch warum bitte schön sollte das die schwerreichen Katarer interessieren?

Diese Episode aus der vergangenen Woche mag eine der üblichen Floskeln und Drohgebärden auf dem internationalen Transfermarkt sein, und dennoch sagt sie viel über die sich ändernden Machtverhältnisse im europäischen Fußball aus. Wer hatte sich vor drei, vier Jahren noch für die französische Liga interessiert? Sie galt als angestaubt. Doch nun kommen mit Meister Paris Saint Germain und vor allem Aufsteiger AS Monaco zwei Clubs, deren finanzstarke Eigner kaufen, was das Zeug hält. Zusammen haben beide Vereine in diesem Sommer bislang gut 255 Millionen Euro allein an Ablöse in neues Personal investiert. Nur zum Vergleich: Alle 18 Bundesligaclubs zusammen kommen auf Gesamtausgaben von gerade 205 Millionen Euro.

Dabei hatte der Pariser Club erst ein paar Tage zuvor Edinson Cavani gekauft, den Stürmer aus Neapel, Torschützenkönig in Italiens Serie A. Neapel hatte die horrende Ablöse von 64 Millionen Euro für den Uruguayer aufgerufen. Er habe nie gedacht, dass jemand so viel Geld zahle, sagte Napoli-Präsident Aurelio De Laurentiis. 64 Millionen seien „absurd“, sagte er noch. Der Mann ist Filmproduzent und kennt sich aus mit großen Beträgen. Doch da hatte er die Rechnung ohne Al-Khelaifi und seine Hintermänner gemacht. Seit Mai 2011 geht das in Paris so, seitdem hat Katars Kronprinz Al-Thani über seine Qatar Sports Investments bei PSG das Sagen. Mittelfristig soll dabei der Champions-League-Sieg herausspringen. Und so holte PSG erst Sportdirektor Leonardo, später Trainer Ancelotti, Stürmer Ibrahimovic, Brasiliens Kapitän Thiago Silva und eben Cavani. 105 Millionen Euro für neue Spieler im ersten Sommer, 147 im zweiten. Und nun – mit Cavani und den Verteidigern Marquinhos (AS Rom) und Lucas Digne (OSC Lille) – 111 Millionen. Vorerst.

Landes- und europaweit reicht das dennoch nicht zur Nummer eins, weil mit Monaco ein Aufsteiger so derart trommelt, wie es in der europäischen Geschichte einmalig ist. 60 Millionen Euro für Radamel Falcao, den von allen möglichen Großclubs umworbenen Stürmer von Atlético Madrid, 45 Millionen für James Rodriguez, weitere 25 Millionen für João Moutinho, beide kommen vom FC Porto. Fünf Millionen für Jeremy Toulalan (Malaga). Die Liste lässt sich mit kleineren Millionenbeträgen noch fortsetzen. Dazu die ablösefreien Eric Abidal (Barcelona) und Ricardo Carvalho (Real Madrid), allesamt namhafte Spieler des europäischen Clubfußballs.

Möglich macht jenen Transferwahnsinn Dmitrij Rybolowlew, ein milliardenschwerer Russe, der es in den Wirren der Nach-Sowjetzeit vom Krankenwagenfahrer zum Besitzer einer der weltweit größten Düngemittelfirmen brachte. Seit 2011 gehört Rybolowlew die Mehrheit am Club. Seitdem wird geklotzt. In diesem Sommer der Aufstieg in die erste Liga, im kommenden die Champions-League-Qualifikation. Und dann spielt Monaco oben mit, am besten gleich um den Titel in der Königsklasse. So ist die Rechnung von Rybolowlew und seinen Leuten. Dafür haben sie Trainer Claudio Ranieri all die Neuen aus dem Hochpreissegment zusammengekauft. Die Konkurrenz aus Paris spendet dafür sogar Applaus. „Jede Investition macht die Liga populärer“, sagt PSG-Präsident Al-Khelaifi.

Frankreichs etablierte Clubs jedenfalls laufen Sturm gegen den Wettbewerbsvorteil des Aufsteigers. Im März beschloss der Ligaverband, dass ab der Saison 2014/2015 alle Vereine ihren Sitz in Frankreich haben müssen. Rybolowlew legte umgehend Einspruch ein. Auch einen jährlichen Ausgleich von 200 Millionen Euro, Ligapräsident Noël Le Graët hatte ihn vorgeschlagen, lehnte er ab. Nun beschäftigt der Sachverhalt die Gerichte. Und die Uefa? Dass Clubs nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen, jenes Financial Fairplay, ist eines der großen Themen von Präsident Michel Platini. Doch die Regularien lassen Spielraum und Schlupflöcher.