Nach dem 3:0-Sieg über Island ist das Team von Bundestrainerin Neid wieder auf Viertelfinalkurs – auch dank der erst 19-jährigen Lena Lotzen vom FC Bayern

Växjö. Ihre Vorbilder waren zwar keine Torjäger. Aber Michael Ballack und Zinédine Zidane wurden von den Fans auch wegen ihrer Gabe geliebt, in wichtigen Momenten zu treffen. Erinnern wir uns nur an Ballack und die EM 2008, als er im letzten Vorrundenspiel gegen Österreich das entscheidende 1:0 für Deutschland zum Einzug ins Viertelfinale erzielte.

Nicht auszumalen, wie groß Häme und Spott wohl gewesen wären, hätten die deutschen Fußball-Frauen am Sonntagabend bei der EM in Schweden ihr zweites Vorrundenspiel gegen Island vergeigt. Haben sie aber nicht – und das ist auch ein großes Verdienst von Lena Lotzen. Denn die 19-Jährige, die für Ballack und Zidane schwärmt, ebnete mit ihrem wichtigen Führungstor den 3:0-Erfolg. Dadurch ist der Titelverteidiger nach dem Fehlstart gegen die Niederlande (0:0) wieder auf dem direkten Kurs Richtung Viertelfinale. „Als der Ball ins Tor ging, war das pure Erleichterung, eine unbeschreibliche Freunde. Es ist etwas ganz Besonderes, bei der EM sein erstes Tor zu schießen“, sagte Lena Lotzen, die seit 2010 im Frauenteam des FC Bayern spielt.

Dass sie den Weg zur K.-o.-Runde freischoss und beim Team damit die Bremse löste, ist kein Zufall. Die wendige Angreiferin macht aus ihrer Rolle als rechte Flügelstürmerin das Beste und ist bisher die Offensiv-Entdeckung des Turniers. „Ich habe sie vor der EM gefragt, ob sie sich mit der Position anfreunden kann“, sagte Bundestrainerin Silvia Neid. „Lena hat sich in der Vorbereitung unheimlich entwickelt. Ich freue mich, dass sie jetzt ihr erstes Länderspieltor gemacht hat – und dann noch so ein wichtiges.“

Auch mit dem Schachzug, die ebenfalls 19-jährige Melanie Leupolz (SC Freiburg) für die erfahrene Anja Mittag auf die linke Offensivseite zu beordern, lag die Trainerin richtig. Die Mannschaft wirkte im Vergleich zum Auftaktspiel vor 4620 Zuschauern wie ausgewechselt. Die Kombinationen liefen viel besser, auch war die Körpersprache eine ganz andere. Die deutschen Frauen wollten diesen Sieg, das war nicht zu übersehen. Es machte Spaß, ihnen zuzuschauen. Im Schnitt verfolgten 5,93 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 19,7 Prozent) die Liveübertragung im ZDF.

„Wir sind jetzt im Turnier angekommen“, schwärmte Celia Okoyino da Mbabi nach dem Sieg gegen Island. Sie trumpfte nach Lena Lotzens Führung (24. Minute) als Doppeltorschützin (55./84.) auf. In ihrem 81. Länderspiel gelangen der Tochter eines Kameruners und einer Französin ihre Treffer 42 und 43. Schon in der EM-Qualifikation war die künftig für den 1. FFC Frankfurt spielende Angreiferin mit 17 Treffern Europas beste Schützin.

„Celia ist einfach ein toller Typ. Sie reißt alle mit und ist unglaublich wichtig für die Mannschaft“, lobte Bundestrainerin Neid. Die 25-Jährige und ihre Mitspielerinnern hätten gegen Island positive Aggressivität gezeigt. „Die Spielerinnen“, ergänzte Neid, „hatten sich viel vorgenommen für dieses Spiel. Sie haben eine gute Antwort gegeben auf all die Kritiker, weil sie gezeigt haben, was in ihnen steckt.“

Ein Unentschieden reicht dem Team im letzten Gruppenspiel

Nun genügt Deutschland im abschließenden Gruppenspiel am Mittwoch (18 Uhr/ARD und Eurosport live) in Kalmar gegen das punktgleiche Norwegen (beide vier Zähler) schon ein Unentschieden, um den Sieg in der Vorrundengruppe B perfekt zu machen. „Natürlich wollen wir gegen Norwegen gewinnen. Es ist ja ein Mitfavorit“, sagte Torhüterin Nadine Angerer. Auch bei der Spielführerin war die Erleichterung nach dem EM-Befreiungsschlag riesig. „Das ist doch klar. Der Sieg tut der jungen Truppe gut. Trotzdem schicke ich die Mädels um zwölf ins Bett“, sagte die 34-Jährige und fügte am Sonntagabend gegen 23.30 Uhr feixend an: „War ein Scherz.“