Am 25. Mai spielen Dortmund und Bayern um Europas Krone. Doch schon in der Bundesliga ging es hoch her

Dortmund. Der Plan der Bayern war ambitioniert. 21 Uhr, nur etwa 35 Minuten nach dem Schlusspfiff, sollten alle Spieler im Mannschaftsbus sitzen, um dann schnell zum Flughafen zu fahren und anschließend nach Hause fliegen zu können. Sie wollten keine Minute länger als nötig in Dortmund bleiben.

So ging es nach der mit Spannung erwarteten Generalprobe für das deutsch-deutsche Champions-League-Finale zwischen Borussia Dortmund und Bayern München am 25. Mai in London fast genauso hektisch zu wie während des Spiels: Spieler wurden von Pressesprechern schnell von einem Interview zum nächsten geschoben, Betreuer schleppten fast schon im Laufschritt Alukoffer durch die Katakomben, ständig deutete jemand mit dem Zeigefinger auf die Uhr.

Die Atmosphäre wird angespannt bleiben, das legten die Umstände nahe, unter denen das 1:1 (1:1) in einem fast bedeutungslosen Bundesligaspiel zustande gekommen war: Gegenseitige Schmähgesänge der Fans auf den Rängen, harte Zweikämpfe und Tumulte auf dem Rasen, ein Schiedsrichter, dem die Partie aus den Händen zu gleiten drohte, und Verbalduelle am Spielfeldrand lassen kaum eine andere Prognose zu.

"Da war richtig Feuer drin", kommentierte BVB-Trainer Jürgen Klopp. Das atmosphärische Knistern war schon vor dem Anpfiff zu spüren. "Wer wird deutscher Meister? BVB Borussia", sangen die etwa 7000 Bayern-Fans auf der Nordtribüne zur Melodie von "Pippi Langstrumpf" - ein Affront gegenüber den Dortmunder Anhängern, die mit diesem Lied immer die eigenen Titelgewinne gefeiert hatten.

Die BVB-Fans hatten sich mit zahlreichen Anti-Hoeneß-Plakaten für Gegenprovokationen gewappnet. "Lieber Schwarzgelb als euer Schwarzgeld" war da zu lesen. Beim Einlauf der Mannschaften wurde dann von den Dortmunder Ultras ein Transparent mit einer bösen Botschaft an den einstigen Fan-Liebling Mario Götze hoch gehalten. "Das Streben nach Geld zeigt, wie viel Herz man wirklich hat. Verpiss dich, Götze!", hieß es in Richtung des Mittelfeldspielers, der zum Saisonende für 37 Millionen Euro von Dortmund nach München wechseln wird.

Wegen des nach Ansicht der Dortmunder nicht gerade stilvollen Verhaltens der Münchner im Fall Götze fand die Begrüßung der Offiziellen in einer sehr unterkühlten Atmosphäre statt. Ein kurzer Handschlag zwischen Hans-Joachim Watzke und Karl-Heinz Rummenigge - das war es. Dem Vorsitzenden der Geschäftsführung des BVB und dem Vorstandsvorsitzenden der Bayern stand der Sinn weder nach Smalltalk noch nach Höflichkeitsfloskeln. Watzke hatte sogar darauf verzichtet, die Münchner Vorstandskollegen wie früher üblich zum Mittagessen einzuladen. "Wir waren vorbereitet und hatten etwas zu Essen dabei", witzelte Sammer.

Doch die selbst auferlegte Zurückhaltung Sammers, der für viele BVB-Fans mittlerweile eine ebenso große Reizfigur ist wie Hoeneß, der dem Spiel ferngeblieben war, hielt nur bis zur 64. Minute. Kurz zuvor hatte Bayern-Torwart Manuel Neuer bereits einen Handelfmeter von Robert Lewandowski pariert, als dessen möglicher Nachfolger in Dortmund übrigens der frühere Bundesliga-Torschützenkönig Edin Dzeko von Manchester City gehandelt wird.

Dann aber verwandelte sich ein normales Fußballspiel in ein Drama der entfesselten Emotionen. Und mit Sammer und Klopp prallten prompt die beiden temperamentsvollsten Charaktere ungebremst aufeinander.

Zuvor hatte der Münchner Rafinha dem Dortmunder Jakub Blaszczykowski im Zweikampf seinen Ellenbogen ins Gesicht gerammt. Blaszczykowski wälzte sich am Boden, Schiedsrichter Peter Gagelmann zeigte dem Polen aus unerfindlichen Gründen die Gelbe Karte. Es folgte eine Rudelbildung auf dem Platz, erst anschließend sah Rafinha Gelb-Rot.

Als der Brasilianer dann vom Platz ging, wurde er von Blaszczykowski, der mittlerweile wieder aufgestanden war, noch einmal zur Rede gestellt. Daraufhin bohrte Rafinha ihm den Finger ins Gesicht, was zur Folge hatte, dass er nun auch noch von Klopp beschimpft wurde. Das wiederum führte dazu, dass Sammer von der Bayern-Bank aufsprang und Klopp anbrüllte.

"Ich habe Rafinha gesagt, er soll die Finger von Kuba lassen", schilderte Klopp anschließend den hitzigen Disput: "Daraufhin hat Sammer zu mir gesagt, dass ich Rafinha in Ruhe lassen soll, und noch etwas anderes, was ich nicht verstanden habe."

Das Reizklima zwischen den Dortmunder und Münchner Verantwortlichen wird wohl auch in den kommenden Tagen anhalten. Dies kann auch aus den völlig unterschiedlichen Bewertungen der Generalprobe mit den Toren von Götze-Vertreter Kevin Großkreutz (11.) und Mario Gomez (23.) geschlossen werden. "Dortmund scheint sich schwer damit zu tun, gegen Bayern zu gewinnen", sagte Karl-Heinz Rummenigge. "Wir haben einen Plan und haben gezeigt, dass wir die Bayern schlagen können", erklärte dagegen BVB-Kapitän Sebastian Kehl.

Erleichtert wirkten jedoch alle Beteiligten, dass das Spiel vorbei war. Bis zum Anpfiff in Wembley können sie sich nun aus dem Weg gehen.