Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Ein böser Witz sagt, Angler trainieren ihre Oberarme, damit sie demonstrieren können, wie groß und schwer der Fisch gewesen sein soll, den sie am Haken hatten. Reden dagegen gehört nicht zu den bevorzugten Tätigkeiten eines Sportfischers, der friedlich am Gewässer sitzt, wartet - und schweigt. Wenn er mal spricht, dann höchstens auf Latein.

Ob es daran lag, dass sich die Petrijünger im Osten und Westen der Republik mehr als zwei Jahrzehnte lang nichts zu sagen hatten? Vielleicht auch daran, dass im Arbeiter- und Bauernstaat kaum mehr Latein unterrichtet wurde. Jedenfalls schenkten uns die deutschen Angler jetzt eine erfreuliche Nachricht: 23 Jahre nach der Wiedervereinigung schließen sich ihre Sportverbände aus Ost und West endlich zusammen. Der Deutsche Anglerverband (Ost) mit 170.000 organisierten Sportlern und der Verband Deutscher Sportfischer (West) mit 650.000 Anglern vereinen sich zum Deutschen Angelfischerverband. Über das Wortungetüm kann man hinwegsehen, solange an den Angelseen zusammenwächst, was zusammengehört.

Der Sport hat, was die Wiedervereinigung betrifft, eine lange Leine. Immer noch gibt es einen Allgemeinen Deutschen Motorsportverband, der einst die Rennpappen der DDR auf die Piste brachte, und einen Deutschen Bogensport-Verband, der die Robin Hoods des Ostens mit Pfeilen auf Scheiben schießen ließ.

Nun ist ein Ende des sportlichen Separatismus in Sicht. Oder, wie es im schönsten Funktionärsdeutsch heißt: "Die Weichen für eine machtvolle Vertretung der deutschen Anglerschaft sind gestellt." Petri Heil!