Der Fifa-Boss findet als einer von wenigen kritische Worte für die Platzflucht der Milan-Spieler wegen rassistischer Rufe im Test bei Pro Patria.

Zürich/Varese. Extravaganz eines Fußballherrschers oder einfach nur ein Missverständnis? Während der Großteil der Fußballszene Kevin-Prince Boateng für dessen Platzflucht als Reaktion auf rassistische Rufe während eines Testspiels rühmt, nimmt sich Fifa-Chef Joseph S. Blatter eine ganz eigene Bewertung des Vorfalls heraus.

Der Präsident des Weltverbandes sieht das Verlassen des Spielfeldes des dunkelhäutigen Boateng und dessen Mitspielern des AC Mailand im Spiel bei Viertligist Pro Patria jedenfalls kritisch. „Wenn ein Spieler vom Feld läuft, weil er rassistisch beleidigt wurde, ist das ein starkes Signal, das sagt: Das war zu viel“, sagte Blatter bei der Gala „Ballon d‘Or“ in Zürich: „Aber das kann nicht die langfristige Lösung sein. Wir müssen andere Lösungen finden, um diesem Problem Herr zu werden.“

Als am vergangenen Wochenende der farbige Cagliari-Legionär Víctor Ibarbo ebenfalls von Zuschauern beleidigt wurde, wollte dieser das Spielfeld nicht verlassen. Blatter lobte begrüßte dieses Verhalten und kritisierte dafür Boateng.

„Die einzige Lösung ist es, harte Sanktionen auszusprechen. Sei es der Abzug von Punkten oder etwas Ähnliches“, sagte Blatter. Boateng aber sei weggelaufen. „Und weglaufen kann man auch bei einer drohenden Niederlage.“ Die konservative Wiener Zeitung „Die Presse“ schrieb dazu am Dienstag: „Zum Davonlaufen aber ist lediglich Blatters Kritik. Schließlich ist es die Fifa, der es nicht gelingt, Radikalismus, Wut und Hass aus Stadien zu verbannen. Nicht nur in Italien.“

Auch Ronaldo zeigt Verständnis für Boateng

Im Kollegenkreis wird der Zuspruch für Ex-Bundesligaprofi Boateng derweil immer größer. Nun äußerten der portugiesische Superstar Cristiano Ronaldo und Star-Trainer Josep Guardiola Verständnis für Boatengs Entscheidung. „Das ist schlecht für alle, wenn so etwas passiert - für jeden Zuschauer, für jedes Kind im Stadion“, sagte Ronaldo. Boatengs Entscheidung könne er verstehen, auch wenn er selbst nicht wüsste, wie er reagieren würde. „Das ist immer eine sehr persönliche Entscheidung. Das hängt von der Situation ab“, sagte er. „Vielen Dank an Cristiano Ronaldo für die Unterstützung“, antwortete Boateng umgehend via Twitter.

Guardiola, der im Sommer freiwillig vom Traineramt beim FC Barcelona zurückgetreten war, äußerte, dass der Kampf gegen den Rassismus „gemeinsam“ geführt werden müsse. Das Spielfeld zu verlassen, sei eine Möglichkeit, über die jedes Team für sich entscheiden sollte.

Fünf Jahre Stadionverbot für sechs Fans

Vor und während des Testspiels beim Viertligisten Pro Patria hatten Fans des Viertligisten Boateng und weitere dunkelhäutige Milan-Spieler mit Affen-Lauten beleidigt. Daraufhin unterbrach Boateng in der 26. Minute das Spiel, schoss den Ball in Richtung der Zuschauer und verließ den Platz. Seine Teamkollegen folgten Boateng, das Spiel wurde abgebrochen.

Wegen der rassistischen Vorfälle wurden am Montag sechs Pro-Patria-Fans zu einem fünfjährigen Stadionverbot verurteilt. Dies teilte die italienische Polizei mit.