Der FC Bayern hat Philipp Lahm nach dessen Kritik an der Transferpolitik des Klubs bestraft. Verloren haben alle Beteiligten.

Hamburg. Mal angenommen, Uli Hoeneß wäre in der Nacht zum Sonntag eine gute Fee erschienen und hätte dem verzweifelten Manager des FC Bayern München drei Wünsche offeriert, so hätte dieser wohl geantwortet: "Ich hätte gerne zehn Punkte für Louis van Gaal, sieben für die Bundesliga, drei für die Champions League, dazu einen millionenschweren Käufer für Luca Toni und drittens..., ein Ticket in die Vergangenheit, um Philipp Lahms Interview zu verhindern."

Nicht im Traum hätte der 57-Jährige geglaubt, dass sein letztes Jahr vor dem Wechsel ins Präsidentenamt so albtraumhaft verlaufen könnte und mal ein anderer in seinem Haus die "Abteilung Attacke" reiten würde. Nach dem gescheiterten Experiment mit Jürgen Klinsmann sollten mit van Gaal wieder Erfolg, Ruhe und Disziplin an der Säbener Straße einziehen. Stattdessen zeigen sich Auflösungserscheinungen, die mit dem Abgang von Luca Toni durch die Hintertür sowie dem Interview von Philipp Lahm in der "Süddeutschen" ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht haben.

Keine Frage: Mit seiner Kritik an der Einkaufspolitik und dem Anprangern einer fehlenden Vereinsphilosophie hat der 25-Jährige in tiefe, offene Wunden gebohrt. Aber: Durfte Lahm diese unangenehmen Wahrheiten auch öffentlich machen?

Gerne wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ein Fußballklub mündige Profis und Führungsspieler braucht, die auf und abseits des Platzes bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Lahm sagte in seinem Interview, ihm liege die Zukunft der Bayern am Herzen, deshalb spreche er die Probleme so offen an.

Mit seinem - wenn auch differenzierten - Hilfeschrei wird der 62-fache Nationalspieler jedoch sein Ziel nicht erreichen. Das zeigte schon die Bestrafung am Sonntag. Lahm hätte klar sein müssen, dass nach seinen Aussagen keine inhaltliche Auseinandersetzung folgen würde, weil er es versäumt hatte, seine Anliegen zuvor intern vorzubringen, und auf der anderen Seite gegen die Regel verstieß, nie die Klubführung anzugreifen.

In dem vermutlich nun folgenden Prozess des Verdrängens und Aussitzens wird es bei den Bayern wohl nur Verlierer geben. Die Münchner Bosse Karl-Heinz Rummenigge und Hoeneß haben an Autorität verloren, dabei werden auch Geldstrafen in Rekordhöhe nichts ändern. Aber auch Lahm geht geschwächt aus dem Machtkampf hervor. Viel schlimmer jedoch: Die nötigen strukturellen Veränderungen beim deutschen Vorzeigeklub dürften nicht mit der nötigen Konsequenz vollzogen werden. In die Gruppe der Verlierer darf sich aber vor allem Klinsmann einordnen. Im Vergleich zur letzten Saison sehe er wieder eine Handschrift, sagte Lahm. Man kann den Bayern nur wünschen, dass sie lernen, mit etwas mehr Geduld auf die Rückkehr des Erfolgs zu warten. Denn selbst eine gute Fee könnte Hoeneß wohl derzeit nicht wirklich helfen.

Bayern steht in der Krise. Sportlich bleibt die Mannschaft von Trainer Louis van Gaal weit hinter den Erwartungen zurück - und jetzt hagelt es Kritik aus den eigenen Reihen. Philipp Lahm moniert, dass dem Verein die "Philosophie" fehlt. Und er attackiert die Einkaufspolitik der Verantwortlichen.

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