Manager Michael Preetz und Trainer Markus Babbel bezichtigen sich gegenseitig der Lüge. Hertha löst Vertrag mit sofortiger Wirkung auf.

Berlin. Begonnen hatte es mit einer Minirede, Ovationen der Mitglieder und der Hoffnung auf bessere Zeiten bei Hertha BSC. Am Ende gab es ein quälend langes Pressegespräch in einem Stangenwald von Mikrofonen. Und die Erkenntnis, dass zu Weihnachten bei Hertha alle Verlierer sind. In einer Schlammschlacht, wie sie die Bundesliga lange nicht erlebt hat, überhäufen sich Markus Babbel und sein bisheriger Arbeitgeber mit Vorwürfen der Lüge und der Täuschung, von "Baron Münchhausen" ist die Rede und von Leuten, die missbraucht werden. Am späten Nachmittag zog der Bundesligaverein aus der Hauptstadt die Konsequenzen und beurlaubte Babbel mit sofortiger Wirkung. Es ist nach Michael Oenning (HSV) und Ralf Rangnick (Schalke 04) der dritte Trainerentlassung in der laufenden Saison.

Am Sonntagvormittag hatte der 39 Jahre alte Babbel vor rund 50 Medienvertretern gestanden und gesagt, dass er von Manager Michael Preetz, seinem Vorgesetzten, "menschlich enttäuscht" sei. Er habe Preetz Anfang November mitgeteilt, dass er seinen im Juni 2012 auslaufenden Vertrag nicht verlängern werde. Auf Anweisung seines Klubs habe er die Linie mitgetragen, nichts nach außen dringen zu lassen.

"Ich habe den Fans und Medien mehrmals nicht die Wahrheit gesagt, das ist mir schwergefallen. Aber ich habe das zum Wohl des Vereins getan." Außerdem, so Babbel, habe er Preetz nach der ersten "inoffiziellen Absage" am vergangenen Dienstag eine zweite "offizielle Absage" mitgeteilt. Auf Nachfrage betonte Babbel, das habe er dem Manager Auge in Auge mitgeteilt.

Die Babbel-Aussagen riefen empörte Reaktionen bei Hertha hervor. Erstmals eilte Präsident Werner Gegenbauer an einem Sonntag nach einem Spiel - Hertha holte beim 1:1 in Hoffenheim übrigens einen Punkt - in den Medienraum auf dem Trainingsgelände am Olympiastadion. Der starke Mann im Verein stellte sich kompromisslos hinter Manager Preetz. Schon am Vortag hatte er Babbels Einlassungen als "Baron-Münchhausen-Geschichten" eingeordnet. Nun bezichtigte Gegenbauer den Aufstiegstrainer, die Unwahrheit zu sagen. "Der von Preetz genannte Termin am Dienstag war das erste Mal, dass wir davon erfahren haben, dass Markus Babbel im Sommer aufhören will." Er sei sich auch deshalb sicher, "weil es einen Zeugen für das Telefonat zwischen Preetz und Babbels Berater gibt".

Zwei, die sich mögen: Babbel nennt Stanislawski "Arschloch"

Ab Januar: Skibbe statt Babbel bei Hertha?

Im Übrigen habe er als Präsident im Laufe der Zeit einen guten Draht zum Trainer gehabt. "Da ist es ausgeschlossen, dass er mich in den sechs Wochen von Anfang November bis zur vergangenen Woche über diese Frage nicht informiert hätte." Ganz abgesehen davon hätte Manager Preetz den Präsidenten sofort in Kenntnis gesetzt, hätte sich Babbel Anfang November gegen Hertha entschieden.

Zur Kritik von Gegenbauer antwortete Babbel: "Die tut mir weh. Weil ich den Präsidenten schätze. Er tut viel für den Verein. Aber hier wird er benutzt." Grundsätzlich beharrt der Europameister von 1996 darauf: "Ich habe es nicht nötig, irgendeinen Scheiß zu erzählen."

Hertha hat die Konsequenzen aus den Vorwürfen von Babbel gezogen. Der Trainer wurde mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Auch, weil die Behauptungen des Übungsleiters alles konterkarieren, was der Verein in den vergangenen Wochen getan hat. So hat Manager Preetz seit Anfang November mehrmals und leidenschaftlich um Babbel geworben. Bei Fernsehauftritten und vor den Mitgliedern hatte er sich wiederholt für den Trainer ins Zeug gelegt, der im Sommer nach einem Jahr in der Zweiten Liga den Wiederaufstieg geschafft hatte. Warum hätte er das tun sollen, wenn klar gewesen wäre, dass Babbel nicht will? Und deshalb Preetz am Ende als Verlierer dieses Werbens dastehen würde?

Präsident Gegenbauer stärkte seinem Manager nun den Rücken: "Die Vorwürfe sind ungeheuerlich. Ich lasse nicht zu, dass Michael Preetz beschädigt wird oder gar behauptet wird, er arbeite gegen die Interessen von Hertha BSC. Das ist doch ein Witz."

Mit seinen Aussagen hat Babbel mächtig Aufsehen erregt. Und den Fokus auf die Verantwortlichen gelenkt, die ihm angeblich übel mitgespielt haben. Es gibt jedoch Indizien, die nahelegen, dass es ganz andere Gründe gibt, warum Babbel den Eindruck erweckt, so schnell wie möglich aus Berlin wegkommen zu wollen. So sagte er, seine Absage zu Hertha "hat keine sportlichen Gründe". Auf mehrere Nachfragen sagte Babbel: "Schlussendlich sind es private." Zu den privaten Gründen muss erwähnt werden, dass Babbels Familie, er ist in zweiter Ehe verheiratet, in München lebt und Babbel jobbedingt viel Zeit in der Hauptstadt verbringt.

In jedem Fall gibt es nur Verlierer bei dieser Auseinandersetzung. Babbel wurde auf seiner zweiten Trainerstation nach dem VfB Stuttgart zum zweiten Mal vorzeitig entlassen. Und bei Hertha BSC müssen sich Manager Preetz und Präsident Gegenbauer den Vorwurf der mangelhaften Führungsstärke gefallen lassen.

Das Training soll an diesem Montag Co-Trainer Rainer Widmayer leiten. Ob er auch am Mittwoch im Pokalheimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern um den Einzug ins Viertelfinale auf der Bank als Verantwortlicher sitzen wird, ist noch offen. Von Januar an will Hertha Michael Skibbe unter Vertrag nehmen. Der 46-Jährige ist derzeit bei Eskisehirspor in der Türkei tätig, besitzt aber eine Ausstiegsklausel. Preetz hat die Eckdaten eines Vertrages bis 2014 vor einer Woche mit Skibbe in Düsseldorf ausgehandelt.