Müde Münchner besiegen dezimierte Stuttgarter 2:1 und sind so gut wie Herbstmeister. Bobic kritisiert Schiedsrichter

Stuttgart. Im Gesicht von Uli Hoeneß konnte man bald an diesem Abend des "Südgipfels" Zufriedenheit entdecken. Die größte Sorge war der Bayern-Präsident schon vor dem Anpfiff in Stuttgart los. Nach dem Remis von Verfolger Dortmund stand fest, die Münchner würden selbst bei einer Niederlage Tabellenführer bleiben. 90 Minuten später, nach dem 2:1 (1:1)-Sieg in der Stuttgarter Arena, hatten Hoeneß und Co. vor 60 649 Zuschauern am 16. Spieltag sogar das Maximum herausgeholt und konnten sich dabei in der zweiten Hälfte eine wenig berauschende Leistung erlauben.

In einer nur eine gute halbe Stunde ausgeglichenen Partie strebten die Bayern nach dem "Doppelpack" von Mario Gomez (13./57.) nüchtern dem elften Saisonsieg entgegen und sicherten sich einen Spieltag vor der Winterpause praktisch vorzeitig die Herbstmeisterschaft. Sie haben nicht nur einen Drei-Punkte-Vorsprung, sondern auch ein Neun-Tore-Polster. "Die Herbstmeisterschaft ist immer gut, es ist besser, von oben nach unten zu schauen", sagte Karl-Heinz Rummenigge.

Selbst die strittigste Szene des Spiels sahen die Münchner betont gelassen. Schiedsrichter Manuel Gräfe zeigte in den ersten 20 Minuten vier gelbe Karten. Als der gelb belastete Christian Molinaro Robben von hinten attackierte, eindeutig zuerst den Ball traf, erst dann die Beine des Niederländers, zog Gräfe Gelbrot gegen den Italiener (29.). Die Stuttgarter hatten zwar schon vor dem harten Platzverweis etwas ihre Linie verloren, Molinaro verstärkte mit seinem Foul sechs Minuten nach seiner ersten gelben Karte den Trend zusätzlich.

Trotzdem war Stuttgarts Manager Fredi Bobic stocksauer. "Er hat sich reinlegen lassen. Wenn Robben die Theatralik weglässt, wird das nie Gelb. Wer wie Gräfe wegen jedem Foul in den ersten zehn Minuten Gelb zeigt, hat keinen Spielraum mehr", klagte Bobic. "Gelbrot war definitiv zu hart, es war eine Fehlentscheidung", meinte Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia.

Für Bayern-Coach Heynckes war der Platzverweis nicht der Knackpunkt, "weil wir elf gegen zehn nicht gut gespielt haben". Münchens Matchwinner Gomez meinte: "Wer zweimal an der Mittellinie so draufgeht, muss mit zweimal Gelb rechnen. Bei uns war das kein Thema mehr." Dafür umso mehr die allzu lässige Spielweise in der Schlussphase. "Dass wir da den Ball nur noch so rumbolzen, war nicht in Ordnung", sagte Gomez. "Wir hätten den Sack zumachen müssen, eine solche Schlussphase war unnötig", meinte auch Heynckes, der zudem von einem Kräfteverlust bei fünf seiner Spieler nach einer Grippe sprach. "Bei uns sind einige müde."

Arjen Robben und Mario Gomez vergaben die erste Bayern-Chance auf spektakuläre Weise. Der Niederländer eroberte im Mittelfeld den Ball, sprintete davon und legte den Ball quer auf Gomez, statt selbst abzuschließen. Der ehemalige Stuttgarter, von William Kvist nur leicht bedrängt, schlug vier Meter vor dem Tor über den Ball. Noch vor einer Woche hatte Robben Gomez den Ball bei einem Elfmeter gegen Bremen weggenommen und dafür Kritik geerntet. Dies Kapitel Eigensinn wollte Robben jetzt offenbar wettmachen. "Ich habe nur gedacht, Mensch, in dem Stadion hast du Tore schießen gelernt, du machst jetzt noch zwei. Deshalb habe ich mich gar nicht so geärgert", berichtete Gomez. "Das war natürlich eine Tausendprozentige."

Keine zwei Minuten später traf Stuttgart nach einem Konter zum 1:0 (6.). Martin Harnik hatte den Ball per Kopf vorgelegt, Philipp Lahm stand zu weit weg. In der Mitte kam Christian Gentner heran, der sein drittes Saisontor erzielte. Gomez traf dann wie "versprochen" zum Ausgleich (13.). Sein 1:1 glich einer technischen Meisterleistung. Rafinha hatte geflankt und der Stürmer nahm den Ball mit dem linken Fuß direkt und vor Serdar Tasci.

Nun dominierten die Bayern die Partie und übernahmen nicht nur im Mittelfeld das Kommando. Tasci rettete gegen Gomez (20.), und gegen den im taktischen Bayern-System in die Mitte gerückten Thomas Müller musste Sven Ulreich eine artistische Parade zeigen, um einen Rückstand zu verhindern. Tasci fälschte den Schuss von Müller noch ab.

Nach der Pause hielten die Münchner die Machtverhältnisse auf dem Rasen stabil, ohne ein Risiko einzugehen, und verwalteten ihren Vorsprung. In der 50. Minute bewahrte Ulreich den VfB erneut vor einem Rückstand, als er den 20-Meter-Schuss von Toni Kroos zur Ecke lenkte.

In der 57. Minute übernahm Gomez mit seinem 15. Saisontor die Führung der Torjägerliste. Kross spielte auf Lahm, der Nationalverteidiger legte quer auf Gomez, der keine Mühe hatte. Den dezimierten Stuttgartern fehlten fortan die Mittel, die Münchner unter Druck zu setzen, obwohl sie nie aufgaben und durch Cacau noch eine dicke Chance verzeichneten.