Nach Bayerns überraschender 2:3-Pleite in Mainz ist Dortmund durch den 2:0-Sieg gegen Schalke wieder Spitzenreiter

Dortmund/Mainz. Bayern-Trainer Jupp Heynckes nahm die unerwartete Pleite kopfschüttelnd und sichtlich bedient zur Kenntnis, der Großteil seiner Mannschaft verschwand mit betretenen Mienen und hängenden Köpfen in der Kabine. Es schien, als wollten sich die Profis von Rekordmeister Bayern München nach der überraschenden 2:3-Niederlage beim FSV Mainz 05 und dem damit verbundenen Abrutschen in der Tabelle auf Platz drei so schnell wie möglich dem Lärm der Mainzer Jubelstürme entziehen. "Wenn wir unsere spielerische Klasse nicht zeigen, gewinnen wir auch gegen Mainz nicht", sagte der völlig bediente Nationaltorhüter Manuel Neuer, der auf Neu-Spitzenreiter Borussia Dortmund gar nicht erst angesprochen werden wollte.

Der Österreicher Andreas Ivanschitz (10.), Marco Caligiuri (65.) und Niko Bungert (74.) trafen am Sonntag gegen die Münchner. Der Belgier Daniel van Buyten hatte den zwischenzeitlichen Ausgleich für die Bayern erzielt (56.) und sein Team mit seinem zweiten Treffer (79.) noch einmal ins Spiel zurückgebracht - für eine Rückkehr an die Tabellenspitze sollte das aber nicht reichen. Somit stand am Ende des Abends fest, dass erstmals seit 92 Tagen nicht mehr der Rekordmeister von ganz oben grüßt, sondern die Dortmunder, die am kommenden Wochenende auf den neuen Tabellenzweiten Gladbach treffen.

Unabhängig von der neuen Tabellenkonstellation war die Stimmung beim neuen Spitzenreiter bereits Stunden vor der Bayern-Niederlage auf dem Höhepunkt. "Ich bin fast schon begeistert. Das ist geil, wenn ich ehrlich bin", sagte Jürgen Klopp, der als BVB-Trainer im vierten Anlauf am Vortag den ersten Heimsieg in dem stets brisanten Duell gegen Schalke 04 gefeiert hatte. Und wenn Klopp seine Mannschaft lobt, dann tut er das richtig. Nur drei Tage nach dem wohl sicheren Aus in der Champions League durch das 1:2 bei Arsenal London, am Ende einer intensiven Englischen Woche, hätten seine Jungs beim 2:0-Sieg "alles rausgehauen" und "rotzfrech" gespielt. "Wir waren von der ersten bis 90. Minute überlegen. Das ist nicht selbstverständlich", sagte Klopp. "Das war Wahnsinn."

Am Vortag hatte Klopps Mannschaft folglich eine ausgiebige und vor allem hochverdiente Feier vor ihrer Südtribüne zelebriert. "Wir haben es in den Augen der Fans gesehen, wie wichtig ihnen ein Sieg über Schalke ist", sagte Marcel Schmelzer, der direkt nach dem 2:0-Erfolg gegen Schalke natürlich noch nicht wissen konnte, dass der Sieg gleichzeitig die Rückkehr an die Tabellenspitze bedeutete. "Für jeden Einzelnen unserer Anhänger haben wir dieses Spiel gewonnen", erklärte Mario Götze, der diesmal überraschend auf der linken Seite aufgeboten worden war und so die ohnehin schwache Schalker Seite bloßgestellt hatte. So war am Sonnabend einmal mehr deutlich geworden, wie viel die beiden ewigen Rivalen derzeit trennt. Auf der einen Seite eine homogene, über Jahre zusammengewachsene Dortmunder Mannschaft, die fast alle Tugenden des blitzschnellen Umschalten wie wohl kein anderes Bundesligateam beherrscht. Auf der anderen eine Ansammlung von Schalker Spielern, die über Potenzial verfügen, aber noch längst keine Mannschaft bilden.

"Da sind gewisse Schwankungen normal", sagte Schalkes Trainer Huub Stevens, nachdem sein Team sowohl beim 0:1 durch den überragenden Robert Lewandowski (16.) als auch beim 0:2 durch Felipe Santana (61.) ausgerechnet in der vom Trainer so forcierten Defensive völlig ungeordnet gewesen war. Während die Dortmunder zudem bei fast allen Aktionen das Tempo hochhielten und wieder ein ernsthafter Titelkandidat seien, sei das Spiel seiner Schalker "zum Einschlafen" gewesen, befand Manager Horst Heldt.

Für die Borussen bedeutet die Demonstration der eigenen Stärke dagegen gewachsenes Selbstvertrauen - unabhängig vom Tabellenplatz. "Uns war klar, dass es für die Schalker schwer werden wird, wenn wir unsere Qualität auf den Platz bringen", erklärte Mats Hummels. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat Klopps Team in dieser Saison gelernt, in fast jedes Spiel mit der Bürde des Favoriten zu gehen, so der Nationalspieler: "Außer es geht gegen die Bayern." Die seien natürlich auch weiterhin der Topfavorit auf die Meisterschaft, sagte Klopp und blieb auch nach der Bayern-Niederlage beim vergleichsweise bescheidenen Saisonziel: der Qualifikation für den Europapokal.

Ob ihn das auch nach Münchens nicht für möglich gehaltenen Pleite in Mainz noch jemand glaubt, ist eine Frage, die an diesem Wochenende nicht beantwortet wurde.