Hannover stoppt die Erfolgsserie des Rekordmeisters mit einem 2:1-Sieg. Aufregung vor und nach dem Platzverweis

Hannover. Tabellenführer Bayern München hat bei seinem zuvor so souveränen Marsch durch die Bundesliga Nerven gezeigt und nach dem 1:2 (0:1) bei Hannover 96 gleich mehrere Rückschläge zu verkraften. Bei der ersten Pflichtspiel-Niederlage des deutschen Rekordmeisters seit rund zweieinhalb Monaten beendete Mohammed Abdellaoue an seinem 26. Geburtstag per verwandeltem Foulelfmeter zunächst die Rekordjagd von Nationalkeeper Manuel Neuer, der in der Liga erstmals nach 770 Minuten wieder hinter sich greifen musste (23.). Nur wenig später verloren die Münchner auch noch Innenverteidiger Jerome Boateng, der von Schiedsrichter Manuel Gräfe nach einer Tätlichkeit per Roter Karte des Feldes verwiesen wurde (28.).

Statt sich mit einem weiteren Sieg um sechs Punkte von den Verfolgern abzusetzen, liegen die Münchner nun mit nur noch drei Zählern Vorsprung auf die Verfolger an der Spitze. Die Hannoveraner, für die Christian Pander den zweiten Treffer erzielte (50.), verbesserten sich durch den Dreier derweil auf den vierten Platz. Einziger Wermutstropfen: Auch Steven Cherundolo musste den Platz nach einer Gelb-Roten-Karte vorzeitig verlassen (63., wiederholtes Foulspiel). Das späte Anschlusstor für die Bayern erzielte David Alaba (83.).

"Heute lief viel gegen uns, wir haben einen Elfmeter und dann einen Platzverweis verursacht, der aber unberechtigt war. Nach der Pause hatten wir zwei Riesenchancen, wenn wir da das 1:1 geschossen hätten, hätten wir noch gewinnen können", sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes. "Ich habe dem Schiedsrichter gesagt, dass er gar keine Karten geben und weiterlaufen lassen soll. Es war undurchsichtig, ich glaube, da kann man gar nichts entscheiden", kommentierte sein Kollege Mirko Slomka den Platzverweis von Boateng.

Vor 49 000 Zuschauern in Hannovers ausverkaufter Arena entwickelte sich eine turbulente erste Hälfte, in der zunächst das Sportliche im Mittelpunkt stand. Die erste große Möglichkeit hatten die Gastgeber. Pander setzte Abdellaoue glänzend in Szene, doch der Norweger mit marokkanischen Wurzeln schloss seinen Sprint in Richtung Bayern-Tor lediglich mit einem Treffer des Außenpfostens ab (12.). Die Münchner antworteten umgehend. Zunächst zwang Mario Gomez Torhüter Ron-Robert Zieler zu einer Glanzparade (14.), dann traf Toni Kroos nach dynamischem Antritt und wuchtigem Schuss nur die Oberkante der Latte (20.).

Wenig später leitete Bayern-Kapitän Philipp Lahm Hannovers Führung mit einem folgenschweren Aussetzer ein. Der Nationalspieler brachte den nur wenig aussichtsreich positionierten Cherundolo im Strafraum zu Fall, und Gräfe entschied auf Elfmeter. Jubilar Abdellaoue blieb eiskalt und zerstörte damit Neuers Hoffnung, Timo Hildebrand als Rekordhalter abzulösen. Der neue Schalker Schlussmann war 2003 im Trikot des VfB Stuttgart insgesamt 884 Minuten lang ohne Gegentreffer geblieben.

Boateng schubst 96-Offiziellen und legt sich mit Christian Schulz an

Das Tor zeigte bei den Bayern Wirkung. Nach einem Foul von Rafinha an Sergio Pinto gab es vor den Trainerbänken eine Rudelbildung, bei der sich vor allem Boateng negativ hervortat. Der 23-Jährige schubste zunächst einen 96-Offiziellen und legte sich anschließend mit Christian Schulz an. Während es Gräfe bei Gelb für Schulz beließ, musste Boateng vorzeitig in die Kabine. In der nun hitzigen Partie hatten die dezimierten Gäste Probleme, zu ihrer Linie zurückzufinden. Gomez hatte vor der Pause zwar noch eine Chance zum Ausgleich (38.), doch auch Lars Stindl hätte für Hannover erhöhen können (45.).

Nach dem Seitenwechsel war zunächst wieder der Tabellenführer am Drücker. Gomez scheiterte bei zwei guten Chancen jedoch jeweils an Zieler (47./49.). Das Glück war auf Hannovers Seite: Luiz Gustavo fälschte einen Schuss von Pander unglücklich ab, Neuer konnte dem über die Linie trudelnden Ball nur noch hilflos hinterherschauen. Auch vier Minuten später wäre Deutschlands Nummer eins wohl machtlos gewesen. Stindl traf aber nur den Pfosten des Bayern-Tores. Die Münchner versuchten anschließend zurück ins Spiel zu finden und schöpften nach Cherundolos Platzverweis und Alabas Treffer zum 1:2 weiter Mut. Schweinsteiger traf jedoch nur den Pfosten (88.). Hannover war in der Schlussphase fast ausschließlich in der Defensive beschäftigt, doch es reichte zum knappen Sieg.