Mit Elogen überhäuft, zum idealen Bayern-Trainer ernannt und hauptverantwortlich für eine bislang beeindruckende Dominanz: Nach drei Monaten Amtszeit wird bereits über eine Vertragsverlängerung von Jupp Heynckes bei Bayern München diskutiert.

Neapel. So schnell kann es bei Bayern München gehen. Es ist nicht lange her, da erzitterte sich der deutsche Rekordmeister die Qualifikation zur Champions League, sehnte seinen neuen Trainer Jupp Heynckes herbei und einfach bessere Zeiten. Der 66-Jährige erhielt einen Vertrag bis 2013 und sollte die Verhältnisse in Fußball-Deutschland zurechtrücken.

Drei höchst erfolgreiche Monate später ist „Mia san Mia“ wieder Programm und alles in Butter. Diskutiert wird, ob der FC Bayern schon das Niveau des FC Barcelona hat oder das Finale im eigenen Stadion erreichen kann - und über eine Vertragsverlängerung des Trainers. Diese Debatte mutet nach solch kurzer Zeit etwas grotesk an und ist eigentlich deplatziert. Doch zeigt sie eines: Der FC Bayern und Heynckes gehören offenbar zusammen wie ein paar alte bequeme Latschen. „Er passt einfach. Besser kann es nicht laufen. Jupp ist ein außergewöhnlicher Trainer“, sagte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer in der Talkrunde „Sky 90“ am Sonntag.

Der Kaiser reiht sich ein in die Elogen den letzten Wochen. Von allen Seiten wird Heynckes für seine Arbeit mit der Mannschaft mit Lob überschüttet. „Er macht einen sehr unaufgeregten und guten Job. Er findet die Balance zwischen Defensive und offensivem Spektakel“, betonte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vor dem Champions-League-Spiel beim SSC Neapel. Er müsse Mannschaft und Trainer ein Kompliment machen.

Auch die Spieler scheuen sich nicht, ihrem Coach Anerkennung zu zeigen. „Er hat den Mix gefunden“, sagte Philipp Lahm. „Er lässt uns spielen, gibt jedem seine Freiheiten“, fügte Toni Kroos hinzu. Und Bastian Schweinsteiger hob Heynckes Vorgaben wie „Disziplin“ und „Respekt vor dem Gegner“ heraus. Der Trainer lebe das vor. Zudem sei er eben „nicht nur sportlich exzellent, sondern passt auch grundsätzlich zu uns.“ Wie alte bequeme Latschen eben.

Sein dicker Kumpel Uli Hoeneß darf in dieser Aufreihung freilich nicht fehlen. Wie auf Wolke sieben, im Zustand ständigen Glücks fühlt sich der Bayern-Präsident anscheinend, wenn er über die Mannschaft spricht. „Der ganze Verein schwebt. Ich fühle mich sauwohl“, sagte Hoeneß kürzlich. Heynckes sieht er als Garanten dafür, und es ist bekannt, dass der 59-Jährige die Entlassung seines Freundes im Jahr 1991 als seinen größte Fehlentscheidung bezeichnet hat. Hoeneß hat die Rolle rückwärts gerne vollzogen. Die fünf Spiele, die Heynckes Ende der Saison 2008/09 mit großem Erfolg interimistisch leitete, hatten ihn darin bestärkt.

Heynckes ist nun zum dritten Mal Trainer beim FC Bayern, aber auch er ist jetzt ein anderer. Früher, da hat er sich manchmal fürchterlich erregt. Da ist er wütend geworden, sein Kopf wurde rot wie eine Leuchtkugel. „Osram“ wurde er deswegen genannt. Dieser Spitzname ist längst in den Annalen verschwunden. Gelassenheit, Ruhe, Ausgeglichenheit sind die Markenzeichen geworden. Damit und mit einer veränderten Mentalität hat der 66-Jährige beim deutschen Rekordmeister alles in Einklang gebracht. Heynckes ist zum Meister der Harmonie geworden. „Er ist im Alter gereift und nicht mehr so penibel“, sagte Franz Beckenbauer.

In der Bundesliga wird ja gerne und viel diskutiert über Trainertypen. Über den modernen Trainer, den nicht mehr zeitgemäßen Trainer mit überholten Methoden, den Trainer als Kumpeltyp oder Diktator usw. Und nicht zuletzt über den sogenannten Systemtrainer. Irgendwie passt aber Heynckes in kein solches Schema. Trotzdem hat er einen klaren Plan: Offensive und Defensive auszubalancieren. Das, was unter dem sturen Louis van Gaal fehlte. Für Heynckes war dies die wichtigste Aufgabe: „Ich habe das in der Vorbereitung immer wieder gesagt. Wir müssen einiges verändern.“

Das Gleichgewicht ist Heynckes einfach wichtig - in jeder Form. Deshalb will er sich an der Diskussion um seinen Vertrag gar nicht erst beteiligen. Es könnte ja stören und den Erfolg beeinträchtigen. Die Pokale werden eben erst im Mai verteilt. Und außerdem wird bis 2013 noch viel Fußball gespielt und die Dinge können sich schnell ändern - gerade beim FC Bayern.