Unter Trainer Jupp Heynckes ist der neue FC Bayern besser als die Meistermannschaften der 70er und 90er in die Saison gestartet.

München. Auf dem Weg zum Stadionausgang lachte Mario Gomez verschmitzt. Der Stürmer des FC Bayern München sieht sich in seiner Freizeit gern die Spiele des FC Barcelona im Fernsehen an, und nach dem 4:0 (3:0) seiner Mannschaft gegen Hertha BSC fühlte er sich an einen Star des spanischen Meisters erinnert. "Wir haben hinten rechts so einen wie Dani Alves mit weißen Schuhen", sagte Gomez augenzwinkernd und meinte seinen Abwehrchef Jerome Boateng.

Wie der brasilianische Verteidiger Alves hatte Boateng sich immer wieder in die Offensive eingeschaltet und war mit dem zweifachen Torschützen Gomez (5. und 69.) der Mann des Spiels. Franck Ribéry hatte nach Vorlage von Boateng das 2:0 erzielt (7.), Bastian Schweinsteiger nach Vorarbeit Ribérys das 3:0 (13.). Das Spiel hatte kaum angefangen, da war es schon entschieden. So schnell waren die Bayern erst einmal gewesen: 1983 führten sie gegen den Karlsruher SC nach 13. Minuten 3:0. "Wenn man so schnell so hoch führt, kann man den Ball laufen lassen wie im Training", so Gomez.

Er kennt natürlich das ungeschriebene Fußballgesetz, dass sich Mannschaften nicht ernsthaft mit Barcelona auf eine Stufe stellen dürfen. So wie sich Maler nicht mit Pablo Picasso vergleichen. Doch zumindest in der Bundesliga sind die Bayern das Maß der Dinge. "Ich hatte ein bisschen Sorge, dass wir zweistellig in die Halbzeit gehen", sagte Herthas Trainer Markus Babbel. Den Zuschauern in der Allianz-Arena ergeht es an Spieltagen wie Bill Murray in dem Kultfilm "Und täglich grüßt das Murmeltier" - es ist immer dasselbe. Die Bayern gehen früh in Führung, werden dann noch besser und feiern am Ende einen Kantersieg: 5:0 gegen Hamburg, 7:0 gegen Freiburg, 3:0 gegen Leverkusen, 4:0 gegen Berlin.

Wer soll diese Mannschaft stoppen? Viele Fans befürchten eine (an der Tabellenspitze) langweilige Saison, Experten glauben, dass München bereits einige Spieltage vor Saisonende Meister sein wird. "Wir können uns nur selbst schlagen", sagt Schweinsteiger. Der stärkste Gegner des FC Bayern ist der FC Bayern?

Karl-Heinz Rummenigge sieht zumindest einen Konkurrenten. "Borussia Dortmund! Sie sind gut drauf. Wir tun gut daran, sie weiterhin ernst zu nehmen", sagt der Klubchef. Derzeit allerdings ist Dortmund längst nicht so stark wie der FC Bayern. Die Münchner sind in der Liga seit acht Spielen in Folge ohne Gegentor. So stabil und dominant waren sie lange nicht. Geht es nach den Zahlen, ist die Bayern-Mannschaft sogar besser als die legendäre um Franz Beckenbauer in den 70er-Jahren.

1976 hatte der Klub nach neun Spieltagen nur fünf Siege und bereits zwölf Gegentore. Am Ende der Saison hatte er zwei Pokale mehr in der Vitrine: den Cup der Landesmeister (heute Champions League) und den Weltpokal. Selbst in den Jahren 1972 bis 1974, als Bayern dreimal in Folge Meister wurde, war ein solch erfolgreiches erstes Viertel der Spielzeit nicht gelungen. 1999 hatte der Verein um Lothar Matthäus ein Topteam geformt, sie gewann die Meisterschaft und die Champions League. Doch nach neun Spieltagen hatte auch diese Mannschaft acht Gegentreffer hinnehmen müssen. "Wenn wir so weitermachen, wird es eine sehr erfolgreiche Saison", sagt Sportdirektor Christian Nerlinger.

Sturmlegende Gerd Müller hatte 1976 nach neun Spieltagen sechs Tore erzielt, Mario Gomez hat zum gleichen Zeitpunkt schon zehn. Sepp Maier war damals der beste Torhüter des Landes, doch eine Serie wie dem neuen Bayern-Torwart Manuel Neuer gelang selbst ihm nicht. Neuer hat zwölf Pflichtspiele in Folge kein Gegentor zugelassen, seit nun 1108 Minuten nicht mehr hinter sich gegriffen. "Nach neun Spieltagen, da haben die Ergebnisse schon Aussagekraft. Vor allem wie wir spielen. Das ist nicht alltäglich. Wir haben eine absolute Topmannschaft", sagte Trainer Jupp Heynckes. Gegen Hertha sei es über weite Strecken optimaler Fußball gewesen. "Wir lassen uns aber trotzdem nichts einreden und werden jedes Spiel neu und konzentriert angehen."

Der Respekt vor der 70er-Jahre-Mannschaft ist enorm groß. Beckenbauer, Müller, Paul Breitner und Uli Hoeneß sind Kult. 1974 bis 1976 gewannen sie dreimal hintereinander den Cup der Landesmeister. Im nächsten Jahr steigt das Finale der Champions League in München, und Beckenbauer glaubt, dass Bayern dabei sein wird: "Wenn sie ihr Niveau halten können, ist eine Teilnahme realistisch." Vom Auftreten her habe das Team ein ganz anderes Gesicht als in der Vorsaison.

Es gibt für die neue Bayern-Generation um Ribéry und Schweinsteiger nur einen Weg, um annähernd ihren Status zu erreichen und eine Ära zu prägen: Titel. "Die werden im Mai vergeben und nicht jetzt", sagt Rummenigge. Die Bedingungen für nationale und internationale Erfolge stimmen. "Wir haben derzeit keine Probleme. Die Mannschaft macht einen sehr guten Eindruck", und Trainer Jupp Heynckes betont sogar: "Wir haben noch viel Potenzial, um besser zu spielen. Die Mannschaft ist erfolgshungrig."

Die Helden der 70er würden sich freuen, wenn ihr FC Bayern wieder so erfolgreich wie zu ihrer Zeit wird.