“Wir haben deutlich vor Augen geführt bekommen, dass Deutschland gejagt wird, dass die Motivation des Gegners, ein Team wie uns zu schlagen, gestiegen ist“, sagte Trainer Löw nach dem Spiel in Polen.

Danzig. Weder ein Lichtausfall im voll besetzten Presseraum noch ein lautstark "Polska" rufender Fan, der die Versammlung enterte, konnten Joachim Löw aus der Fassung bringen. Fast schien der Bundestrainer das von vielen Fehlern durchsetzte 2:2 gegen Polen zu genießen. Wer lern- und wissbegierige Fußballschüler haben will, kann als Fußballlehrer durchaus mal eine verhauene Arbeitsprobe gebrauchen, die zudem die Gefahr lindert, dass das jüngst gestiegene Selbstvertrauen innerhalb der DFB-Auswahl in Übermut oder sogar Arroganz umschlägt.

"Wir haben deutlich vor Augen geführt bekommen, dass Deutschland gejagt wird, dass die Motivation des Gegners, ein Team wie uns zu schlagen, gestiegen ist", nannte Löw einen Nachteil, wieder zum Hochadel des europäischen Fußballs gezählt zu werden.

Seine wichtigste Erkenntnis bezüglich seines eigenen Teams wurde erkennbar, als er vom eingewechselten Thomas Müller schwärmte: "Er hat im Spiel ohne Ball seine größten Qualitäten." Grundsätzlich müssten diejenigen, die gerade nicht in Ballbesitz sind, das Richtige machen, um gut verteidigen zu können: "Da müssen wir dazulernen." Der 51-Jährige weiß, dass, will man den Welt- und Europameister Spanien vom Thron stürzen, es eine zwingende Voraussetzung sein wird, bei allem Vorwärtsdrang nicht die Ordnung zu verlieren und Konter zu riskieren. 2010 kassierten die Spanier in der K.-o.-Runde in vier Spielen kein einziges Tor.

Die richtige Besetzung des Mittelfelds wird für Löw zu einer kniffligen Aufgabe. Hält er an seiner Linie fest und lässt mit nur einem Sechser weiter munter angreifen, zum Beispiel mit den Offensivdenkern Kroos und Özil? Oder greift er zur sichereren Variante mit dem Duo Schweinsteiger/Khedira vor der zuletzt wackeligen Abwehr?

Einen harten Wettkampf dürfte es ebenfalls auf der linken Außenposition geben. Während sich Lukas Podolski gegen Österreich zurückmeldete, deutete der Leverkusener André Schürrle in Polen an, dass er in seiner ganzen Spielanlage vielseitiger ist als der eher eindimensional agierende Kölner.

Dass in der Defensive für Löw noch die größten Denkaufgaben warten, weiß er nicht erst seit der Partie in Danzig. Derzeit ist nur Holger Badstuber in der Innenverteidigung gesetzt. Per Mertesacker muss sich deutlich steigern, will er den Konkurrenzkampf gegen Mats Hummels nicht verlieren. Die rechte Abwehrseite wiederum bleibt vorerst ein Versuchslabor, Löw muss weiter experimentieren, damit es dort am Ende nicht doch zu einem Leistungsausfall im deutschen Team kommt.