Zwei Jahre nach Robert Enkes Selbstmord lässt sich Markus Miller freiwillig stationär behandeln

Hannover. Knapp zwei Jahre nach dem Selbstmord von Robert Enke holen Hannover 96 die tragischen Ereignisse aus dem Herbst 2009 wieder ein. Ersatztorwart Markus Miller erklärte in einer bemerkenswerten schriftlichen Stellungnahme, er habe sich wegen "mentaler Erschöpfung" in stationäre Behandlung begeben. Der 29 Jahre alte Familienvater wählt damit einen anderen Weg als Enke: Der Nationaltorwart hatte seine Depressionen geheim gehalten und am 10. November 2009 Selbstmord begangen.

"Ich habe mich dazu entschlossen, meinen Klub, unsere Fans und die Medien über meine Erkrankung zu informieren. Wegen meiner mentalen Erschöpfung werde ich mich ab sofort stationär behandeln lassen", wird Miller, der sich in einer Privatklinik behandeln lässt, vom Klub zitiert.

Hannover 96 knüpfte direkt eine Verbindung zu den schrecklichen Vorkommnissen um Enke. Miller steht seit Sommer 2010 bei den Niedersachsen unter Vertrag. Noch ohne Bundesliga-Einsatz. "Wir stärken und schützen ihn, weil er sich mit aller Offenheit seinen psychischen Schwierigkeiten stellt, die unverändert in unserer Gesellschaft als Tabuthema behandelt werden", sagte Sportdirektor Jörg Schmadtke: "Er hat uns frühzeitig informiert. Ich empfinde das als Zeichen von Stärke."

Seit Karrierebeginn arbeite er mit Hochdruck daran, seine Leistungen zu optimieren, so Miller: "Seit einiger Zeit habe ich immer seltener das Gefühl, dass ich der Mannschaft helfe oder etwas Wesentliches bewirke. Dabei erlebte ich zunehmenden, großen inneren Druck und Anspannungen, die mich begannen zu blockieren."

Unterstützung erhält der Torhüter von Martin Braun, der in Gelsenkirchen als ambulanter Psychologe, Arzt und Psychotherapeut praktiziert sowie als Coach und Mentaltrainer im Spitzensport tätig ist und dem Torwart die stationäre Behandlung empfahl. Braun sprach von einer "deutlich positiven Behandlungsprognose". Miller wird Hannover 96 auf ungewisse Zeit fehlen, seine stationäre Behandlung ist zunächst für mehrere Wochen vorgesehen.

96-Geschäftsführer Martin Kind zollte dem Torwart zu dessen Umgang mit der Krankheit "allerhöchsten Respekt". "Dieser Schritt ist ein großes Zeichen von Mut. Er hat in einem Klub, der ein furchtbares Erlebnis mit einem persönlichen Schicksal durchgemacht hat, bewusst den Gang an die Öffentlichkeit gewählt und klare Fakten geschaffen", sagte Kind. Und Trainer Mirko Slomka betonte, dass ihn Miller "frühzeitig ins Vertrauen gezogen" habe. Er bezeichnete Millers Verhalten als "imponierend" und traut dem Torwart zu, nach der Behandlung "gestärkt seine Karriere als Profi fortzusetzen".