Was für eine Schlappe zum Auftakt: Ausgerechnet der Nationaltorwart und Boateng patzen bei Bayerns 0:1 gegen Borussia Mönchengladbach.

München. Am Tag des ersten Spiels hatte Karl-Heinz Rummenigge seine Sicht der Dinge noch einmal klar gestellt. Ja, Geld schieße Tore, sagte er in einem Interview. Und Geld verhindere sie auch. Und genau deshalb habe der FC Bayern in dieser Sommerpause vor allem in die Defensive investiert. Schon wenige Stunden später standen die Thesen des Klubbosses auf dem Prüfstand. Denn ausgerechnet die beiden teuersten Einkäufe dieses Sommers zeichneten für die erste Blamage dieser Saison verantwortlich. Die Bayern verloren den Bundesligaauftakt gegen Borussia Mönchengladbach nach Fehlern von Torwart Manuel Neuer und Innenverteidiger Jerome Boateng mit 0:1.

Die entscheidende Szene des Spiels ereignete sich in der 63. Minute: Der Gladbacher Roel Brouwers trat einen Ball in Richtung des gegnerischen Strafraums. Boateng ging nicht entschlossen hin, sondern überließ die Arbeit seinem Torwart. Doch der herauseilende Neuer kam mit seinem Sprung am Strafraumrand zu spät. Igor de Camargo köpfte den Ball am Torwart vorbei ins leere Tor (62.).

13,5 Millionen Euro haben die Bayern für Boateng ausgegeben, mehr als 20 für Neuer. Damit waren sie in diesem Sommer die teuersten Einkäufe der gesamten Bundesliga. Mittel- und langfristig mögen sich diese Investitionen auszahlen. Kurzfristig haben sie es nicht getan. Im Gegenteil: Nach nur einem Spiel haben die Bayern wieder eine Debatte am Hals, von der sie sich freigekauft glaubten. "Das Ding geht auf seine Kappe", sagte Ehrenpräsident Franz Beckenbauer. "Er muss im Tor bleiben, heute hat er das Nachsehen gehabt."

Auch Neuer selbst übernahm die Verantwortung für das Gegentor. "Mein Fehler hat dazu geführt, dass wir hier verloren haben", sagte er, betonte aber, dass die Situation für ihn nicht leicht gewesen sei: "Der Ball war für mein Empfinden noch außerhalb des Strafraums. Da habe ich mich defensiver verhalten, um keine Rote Karte zu kassieren. Vielleicht kann ich da auch ganz wegbleiben." Dabei schien sich die Stimmung in München rund um den Torwart gerade gedreht zu haben. Vor dem Anpfiff wurde Neuer mit Applaus empfangen, Fans hielten ein Plakat hoch, das ein Ende der Debatte um die Verpflichtung des Nationaltorhüters forderte. "Schluss mit Dauerprotest und Politik in der Südkurve", stand darauf geschrieben.

Man mag dem Nationaltorhüter wünschen, dass dieser Frieden auch nach dem Spiel hält. Zumal es unfair wäre, den verpatzten Auftakt der Bayern nur am Torwart und dessen Verteidigerkollegen Boateng, der später mit einen Bänderdehnung ausgewechselt wurde, aber trotzdem zur Nationalmannschaft nach Stuttgart reist, festzumachen. Auch die anderen, nicht minder teuren Teile der Mannschaft spielten schwach. Oder, wie es Beckenbauer ausdrückte: "Man sah die Hilflosigkeit der Bayern."

Tatsächlich fand der Rekordmeister 90 Minuten lang kein Mittel gegen die gute Ordnung des Gegners. Nur dreimal kamen die Gastgeber wirklich gefährlich vor das Tor. Mario Gomez scheiterte mit Kopfbällen erst an Torwart Andre ter Stegen (49.), dann am Pfosten (55.). Und in der 77. Minute verweigerte Schiedsrichter Babak Rafati einem Tor von Thomas Müller wegen einer Abseitsstellung die Anerkennung. Eine zwar diskussionswürdige Entscheidung, aber gewiss keine Entschuldigung für die schwache Vorstellung der Bayern. Dies sah auch der neue Trainer Jupp Heynckes so. Er lobte vielmehr den Gegner: "Mönchengladbach hat ein Spinnennetz aufgebaut, in dem sich mein Team verfangen hat."

Sinnbildlich für die Einfallslosigkeit mag der Auftritt von Arjen Robben stehen. Der niederländische Offensivstar machte nach überstandener Sprunggelenksverletzung sein erstes Pflichtspiel, nahm daran aber nur sporadisch teil. Auch die Einwechslung des genesenen Franck Ribéry brachte kaum Impulse.

Alle guten Vorsätze der Bayern sind schon wieder dahin

Stattdessen müssen die Münchner nun einen kompletten Fehlstart fürchten. Thomas Müller ärgerte sich bei schon wieder drei Punkten Rückstand auf Meister Dortmund: "Alle guten Vorsätze sind wieder beim Teufel." Nächster Gegner ist der ehemalige Meister VfL Wolfsburg, der seinen ersten Auftritt souverän mit 3:0 beim 1. FC Köln gewonnen hat. Felix Magath freut sich schon auf die Begegnung mit seinem Ex-Verein im eigenen Stadion. "Als der Spielplan rauskam, habe ich gesagt, dass ich die Bayern lieber zum Saisonbeginn als Gegner habe, weil sie dann noch nicht eingespielt sind", kommentierte Wolfsburgs Trainer die Startniederlage des Konkurrenten: "Nun fühle ich mich in dieser Aussage bestätigt."