Eine Glosse von Alexander Berthold

Wahrscheinlich hat William McCrum Schuld. Dieser Mann hat 1891 in Irland den Elfmeter erfunden. Seitdem ist das Szenario simpel und klar: Der Ball liegt exakt 10,9728 Meter (12 Yards) vor einem 7,32 Meter breiten und 2,44 Meter hohen Kasten aus Aluminium. Außer dem Torhüter ist kein Gegenspieler weit und breit zu sehen, und doch schaffen es Profis, die für diese vermeintlich leichte Aufgabe gutes Geld verdienen, diese auf klägliche und häufig lustige Art und Weise zu versemmeln.

Gut, es schauen zumeist Zehntausende Anhänger auf einen, die nur darauf warten, das man sich zum Elfmeter-Deppen macht. Der Puls steigt dabei ins Unermessliche, und dem Schützen gehen 1000 Gedanken durch den Kopf. Schieße ich hoch? Schieße ich flach, nach links oder doch nach rechts? Die Antwort ist dabei so unkompliziert. Einfach rein die Kugel. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Bestes Beispiel dafür sind die Filigrantechniker aus Brasilien, die es im Viertelfinale bei der Copa América gegen Paraguay geschafft haben, alle vier Versuche in den Sand zu setzen.

An Ausreden mangelt es dem beschämten Schützen im Nachhinein zumeist nicht. Der Rasen war zu hoch, das Flutlicht zu hell, der Ball zu hart. Dabei geht man als geneigter Fußball-Fan und -Spieler davon aus, dass jeder, der nicht aus England stammt, die Kunst des ruhenden Balles beherrscht.

Dass es aber dennoch anders ist, dürfte vor allem jene Hobbykicker mit Freude erfüllen, die Wochenende für Wochenende auf staubigen Ascheplätzen die Kugel aus 10,9728 Metern im hohen Bogen in die umliegenden Nachbargärten befördern.