Seit 1987 spielt der Waliser Ryan Giggs für Schalkes Gegner Manchester United. Mit 37 will er noch einmal ins Finale der Königsklasse einziehen.

Manchester. Das Alter für die grundsätzlichen Fragen hat Ryan Giggs schon lange erreicht. Er ist schließlich 37, seit 24 Jahren spielt er für Manchester United. Es sei schon auffällig, sagt er, dass er in den vergangenen Jahren immer mehr Fragen nach all den Superlativen gestellt bekomme, dem besten Mitspieler, der schlimmsten Niederlage. Und die unsinnigste Frage? "Einmal sollte ich tatsächlich sagen, wer mein bester Trainer war", erzählt Giggs: "Stellen Sie sich das einmal vor!"

Giggs' Verwunderung ist verständlich. In seinen 20 Profijahren bei Manchester United war schließlich einer immer da: Trainer Sir Alex Ferguson. "Ihm habe ich zu verdanken, dass ich das geworden bin, was ich jetzt bin", sagt Giggs über den 69 Jahre alten Fußballlehrer. Es war Ferguson, der darauf drang, dass er im Alter von 14 Jahren zu United kam, er hatte ihn bei einem Jugendspiel beobachtet. Mit 17 wechselte ihn Ferguson zum ersten Mal bei den Profis ein. Was folgte, ist eine Karriere voller Rekorde und Titel, sodass das Champions-League-Halbfinale heute gegen den FC Schalke 04 in seiner Vita eher eine kleine Episode darstellt.

Als Giggs Anfang März sein 607. Ligaspiel für United absolvierte und damit Sir Bobby Charlton als Rekordmann ablöste, druckten sie in England Elogen auf den ewigen Ryan. "Er war einst ein Junge, der wie ein Mann spielte. Jetzt ist er ein Mann, der wie ein Junge spielt", schrieb der "Guardian". Weil Giggs trotz der grauen Schläfen kein Relikt der Vergangenheit ist, weil er noch immer für magische Momente auf dem linken Flügel sorgt.

Vor zwei Monaten hat Giggs seinen Vertrag bis 2012 verlängert. "Er ist ein Geschenk für den Sport", sagt Ferguson, "und ich sage das nicht nur, weil seine Statistik unvergleichlich ist." Zweimal gewann Giggs die Champions League, 1999 in jenem unglaublichen Finale gegen den FC Bayern, als Manchester in der Nachspielzeit aus einem 0:1 noch ein 2:1 machte. Und 2008 im Elfmeterschießen gegen Chelsea. Er wurde in England zum "Fußballspieler des Jahres" gewählt. Die Queen ernannte ihn zum Officer des "Order of the British Empire". All das hat zur Legendenbildung beigetragen, auch wenn Giggs, der Waliser, nie ein großes Turnier mit seinem Nationalteam spielte. "Im Sommer", sagt er, "hatte ich immer frei."

Und doch ist das Phänomen so noch nicht ausreichend beschrieben. Denn Ryan Giggs, das sind auch null Rote Karten und null Skandale. "Er ist ein unglaublicher Mensch, ein Vorbild auch außerhalb des Sports", sagt Ferguson. Längst vorbei sind die Zeiten, als Giggs' außerfußballerisches Leben auch in der Zeitung stattfand. Nach der Ligagründung avancierte er zum Gesicht der Premier League. Jung, unbekümmert, eloquent, das ließ sich gut verkaufen. Er heimste Werbeverträge ein, hatte eine eigene Fußball-Fernsehshow und bekam gar den "Bravo"-Award überreicht. Es war die Zeit vor David Beckham. "Ich war froh, als ihm dann die ganze Aufmerksamkeit zuteilwurde", sagt Giggs: "Der Kommerz begann, meine Arbeit zu beeinflussen. Das wollte ich nicht."

Er war sechs, als seine Eltern aus Cardiff in die Region Manchester zogen. Giggs sagt, der raue Umgangston zu Hause habe ihn härter gemacht. Streitereien zwischen seinen Eltern gehörten zu seinem Alltag. Sein Vater, ein guter Rugbyspieler aus Sierra Leone, wurde gegenüber der Mutter auch handgreiflich. Der Fußball und das tägliche Training, gab Giggs einmal zu, hätten ihm die kindliche Leichtigkeit gegeben, die ihm zu Hause fehlte. Als er 15 war, trennten sich seine Eltern, Ryan hieß damals noch Wilson, wie sein Vater. "Er war mein erster Held", sagt er. Nur ein Jahr später, seine Mutter hatte geheiratet, nahm er ihren Mädchennamen Giggs an. Es war seine Art, sich zu bekennen.