In der Nachspielzeit erzielte Stuttgarts Georg Niedermeier gegen den VfL Wolfsburg noch den Ausgleich zum 1:1

Stuttgart. Erst schimpfte Felix Magath wild gestikulierend, dann stapfte er fassungslos in die Kabine: Der Last-Minute-Schock bei seinem Comeback als Trainer des VfL Wolfsburg hatte dem Meistermacher von 2009 kräftig die Laune verdorben. 665 Tage nach der Titelfeier schienen der Debüt-Sieg und der Sprung auf einen Nichtabstiegsplatz beschlossene Sache, in der vierten Minute der Nachspielzeit kassierte der VfL beim 1:1 (1:0) beim VfB Stuttgart dann aber den Ausgleich.

VfB-Trainer Bruno Labbadia hatte es schon vor dem Anpfiff geahnt: "Felix wird nicht all die Probleme, die die Mannschaft hat, durch Handauflegen lösen können." Kurz nach dem Spielende erklärte Magath, dass er sich wirklich große Sorgen um den Klassenerhalt macht. "Natürlich mache ich mir ernsthafte Sorgen. Die Spieler sind technisch in Ordnung, glauben, dass sie besser sind als der Rest, aber sie haben noch nicht registriert, dass sie auf einem Abstiegsplatz stehen. Es muss erst einmal ins Bewusstsein der Spieler, dass sie die Einzigen sind, die die Situation ändern können", sagte er und kritisierte vor allem die Fitness seiner Spieler: "Der Zustand der Mannschaft ist einfach schlecht. Körperlich ist da nichts drin. Wir sind bestraft worden, weil wir nicht mehr getan haben."

Wolfsburg bleibt damit Vorletzter, Stuttgart besetzt nach zuvor drei Siegen in Folge als 15. weiter den ersten Platz auf dem rettenden Ufer. Grafite, der in der Meistersaison unter Magath mit

28 Treffern Torschützenkönig geworden war, hatte den VfL in Führung gebracht (39.), vergab aber in der Schlussphase gleich mehrfach die Entscheidung. Dies rächte sich beim Ausgleich durch Georg Niedermeier. Nach der Länderspielpause in zwei Wochen stehen beiden Teams erneut Duelle gegen direkte Rivalen im Abstiegskampf bevor: Die Stuttgarter müssen bei Werder Bremen antreten, Wolfsburg empfängt Eintracht Frankfurt.

Magath, der 15 Tage zuvor noch mit seinem alten Arbeitgeber Schalke mit 0:1 in Stuttgart verloren hatte, wartete in der Aufstellung gleich mit einer Überraschung auf. Anstelle des angeschlagenen Stammkeepers Diego Benaglio stand nicht der bisherige Ersatz Marwin Hitz, sondern Routinier Andre Lenz im Tor. Der 37-Jährige sorgte somit auch dafür, dass beim Magath-Comeback die älteste Wolfsburger Mannschaft in dieser Saison auf dem Feld stand. Die Schwaben mussten kurz vor dem Anpfiff einen personellen Rückschlag hinnehmen. Der in letzten Wochen überzeugende Spielmacher Tamas Hajnal fehlte wegen einer Oberschenkelzerrung, für ihn rückte der Ex-Wolfsburger Christian Gentner vom defensiven ins offensive Mittelfeld.

Beiden Teams fehlte im Spiel nach vorne zunächst die Überzeugung. So dauerte es bis zur 24. Minute, ehe die 38 500 Zuschauer in der ausverkauften Baustelle der Stuttgarter WM-Arena die erste Chance sahen. Nachdem die Gäste durch einen Kopfball von Makoto Hasebe über das Tor (27.) ein erstes Lebenszeichen setzten, gingen sie beinahe in Führung, doch Diego scheiterte am glänzend reagierenden Sven Ullreich.

Kurz vor der Pause dann ein weiterer Schock für die Schwaben: In Zdravko Kuzmanovic humpelte ein weiterer Mittelfeldspieler mit einer Knieverletzung vom Feld, für ihn kam Elson. Nur wenige Sekunden dann die Gästeführung: Stefano Celozzi schoss an der eigenen Torauslinie Hasebe an, den Abpraller nahm Grafite auf, düpierte Georg Niedermeier und vollendete unhaltbar für Ullreich.

Auch nach dem Wechsel blieb es ein schwaches Spiel. Wolfsburg verteidigte immerhin geschickt, der VfB agierte ohne Ideen und Durchschlagskraft. Die erste große Chance hatte dann auch wieder der VfL, doch einen Schuss des eingewechselten Jan Polak aus kurzer Distanz lenkte Ullreich an den Pfosten. In der Schlussphase vergab Grafite bei zwei Kontern jeweils die Entscheidung (80./82.) und hatte sogar nach Niedermeiers Ausgleich noch einmal die große Chance zum Siegtor (90.+5).

Während bei den Gastgebern allenfalls der kampfstarke Nationalspieler Christian Träsch und Ullreich gefielen, überzeugten beim VfL vor allem die Innenverteidiger Simon Kjaer und Arne Friedrich. Magath wird nun versuchen, die Länderspielpause zu nutzen, sein Team weiter aufzubauen - und selbst durchzuatmen nach den aufregenden Wochen. "Mir wäre es auch lieber gewesen, nach Schalke ein paar Tage den Kopf freizubekommen", sagte der 57-Jährige Aber die Situation beim VfL Wolfsburg ist prekär, deshalb habe ich keine Chance gesehen, mich auszuruhen."