Wettpate Ante Sapina gibt zu, dass er das WM-Qualifikationsspiel zwischen Liechtenstein und Finnland manipuliert hat.

Bochum. Mitunter schreibt das Leben wirklich die besten Geschichten. Ausgerechnet an dem Tag, an dem der ehemalige Profi des FC St. Pauli, René Schnitzler, mit seiner Beteiligung im Wettskandal für Schlagzeilen sorgte, packte gestern ein alter Bekannter vor dem Bochumer Landgericht über seine Wett-Manipulationen aus. Ante Sapina, 34, schon im Zusammenhang mit dem Skandal um den Bestechungs-Schiedsrichter Robert Hoyzer zur traurigen Berühmtheit erlangt.

Und während Schnitzlers Geschichte weiterhin für Verwirrung sorgt - er will 100 000 Euro von der Wettmafia kassiert, aber nicht manipuliert haben -, werfen Sapinas Aussagen ein grelles Schlaglicht in den Wettsumpf.

Ante Sapina, 34, kam in Jeans, einer Schimanski-Jacke der Neuzeit und mit locker gebundenem Schal. Sein Auftritt war mit Spannung erwartet worden. Doch es war schon Zeit für eine Mittagpause, als Sapina von den großen Rädern erzählte, an denen er drehte. Es ging um Novo Panic, einen Schiedsrichter aus Bosnien, und ein EM-Qualifikationsspiel zwischen den U-21-Mannschaften aus der Schweiz und Georgien. Sapina fiel dem Richter bei der Frage ins Wort: "Über den haben wir schon vorher das WM-Qualifikationsspiel Liechtenstein gegen Finnland manipuliert." Das war eine Partie der deutschen Gruppe vor der WM in Südafrika. Sie endete 1:1, beide Tore fielen in der zweiten Halbzeit. Genauso sollte es auch sein. "Man hat gesehen, dass die Absprache eingehalten wurde", sagte Sapina. Panic habe einen lächerlichen Elfmeter für Finnland gepfiffen, der zweite Treffer sei dann zum Glück später gefallen, ohne Auffälligkeiten. Bis zu 30 000 Euro habe der Schiedsrichter bekommen und eine Höherstufung durch die Uefa. Das soll über Jozef Marko gelaufen sein, der schon häufiger belastet wurde. Trotzdem sitzt der Slowake noch immer in der Schiedsrichterkommission des europäischen Verbandes.

Oleg Orijechow, ein Schiedsrichter aus der Ukraine und ebenfalls inzwischen aus dem Verkehr gezogen, soll für eine Partie der Europa League zwischen dem FC Basel und ZSKA Sofia kassiert haben. Im größten Wettskandal des europäischen Fußballs hat laut Sapina auch Profi Thomas Cichon eine bedeutsame Rolle gespielt. Den ehemaligen Osnabrücker belastete er ebenso wie die beiden Schiedsrichter schwer. "Cichon war für mich der Häuptling", sagte der Zocker im Zeugenstand.

Sapinas Einlassungen dienten dem Richter als Sittengemälde der offenbar verseuchten Wettbranche und schließen an bekannte Vorgänge an. Mit Schiedsrichter Robert Hoyzer, der sich für seine Vergehen inzwischen beim DFB-Präsidenten Theo Zwanziger entschuldigt hat, manipulierte Sapina schon vor fünf Jahren Spiele in Deutschland.

Bereits mit "14, 15 Jahren" habe er angefangen zu wetten: "Briefwetten, 20 oder 30 Mark in ein Kuvert nach England." Dank seines "mathematischen Wissens" habe er anfangs mit sauberen Spielen viel Geld verdient. So viel, dass irgendwann in Deutschland keiner mehr Wetten von ihm angenommen habe. Also musste er in Asien wetten, auf einem wahnwitzigen, undurchschaubaren Markt. Ante Sapina arbeitete damals im inzwischen auch berühmten Café King. Im "King" traf sich 2004 manchmal eine Schiedsrichter-Gruppe, die von Hoyzer geleitet wurde. Beide quatschten über Fußball, über Pfiffe, über Geld. So gerieten beide hinter Gitter, Sapina zwei Jahre und elf Monate, Hoyzer zwei Jahre und fünf Monate. Schon während des offenen Vollzugs habe er wieder gewettet, sagte Sapina.

Später wurde wieder am großen Rad gedreht. "Wenn ich sicher war, dass ein Spiel manipuliert war, habe ich 200 000 oder 300 000 Euro gesetzt." Schmerzhaft, so Sapina, war der Verlust nach dem Europa-League-Spiel Basel - Sofia, als Panic "gegen die Absprache schon in der ersten Halbzeit einen Elfmeter pfiff". Inklusive des Schmiergeldes habe er fast 400 000 Euro verloren. "Haben Sie nicht versucht, zumindest die Bestechungskosten wieder einzutreiben?", fragte der Richter. "Wir sind ja gleich am nächsten Morgen verhaftet worden, da blieb keine Zeit." Das war am 19. November 2009. "In wenigen Tagen", so Staatsanwalt Andreas Bachmann, werde Anklage gegen Sapina erhoben.