Carsten Schmidt, Vorstand bei Sky, im Sportgespräch über Bundesligarechte und die Zukunft des deutschen Pay-TV

Hamburg/München. Er ist die Konstante im schnelllebigen Fernsehgeschäft. Seit 1999 arbeitet Carsten Schmidt, 47, für den Pay-TV-Sender Sky (früher Premiere), zunächst als Sportchef, inzwischen als Vorstand. Das Abendblatt sprach mit Schmidt über die Bundesliga-Rechte und die Zukunft seines Senders.

Hamburger Abendblatt:

Herr Schmidt, in seiner 20-jährigen Geschichte hat der Pay-TV-Sender Sky, der früher als Premiere firmierte, nur im Jahr des Börsengangs 2005 Gewinn gemacht. Ansonsten gab es zum Teil immense Verluste. Woher nehmen Sie die Hoffnung, dass sich daran irgendwann etwas ändern wird?

Carsten Schmidt:

Premiere hat eine spannende Geschichte. Keine Frage, es gab Rückschläge. Am Ende der Premiere-Zeit waren wir gezwungen, häufig aus der Defensive heraus zu spielen. Bitte vergessen Sie nicht, Sky ist erst vor 16 Monaten an den Start gegangen. Mit unserem neuen Hauptinvestor, der News Corporation, sind wir ausgezeichnet aufgestellt. Für unsere Strategie spricht der Abonnentenzuwachs.

Wirklich? Im dritten Quartal 2010 haben Sie unterm Strich 45 000 neue Abonnenten gewonnen. Im dritten Quartal 2009 waren es noch 67 000.

Schmidt:

2009 gab es durch die Beendigung des Bundesliga-Engagements des Unity-Media-Senders Arena einen enorm großen Zustrom von Abonnenten. So etwas nennt mal wohl Einmaleffekt, das lässt sich deshalb nicht ohne Weiteres wiederholen. Unabhängig davon entwickeln wir uns sehr erfreulich. Unsere Kündigungsquote ist so niedrig wie noch nie in der Geschichte des Unternehmens, der Umsatz pro Kunde dagegen ist signifikant gewachsen, und besonders freut uns, dass neun von zehn HD-Kunden Sky weiterempfehlen.

Wann wollen Sie bei dem bisher sehr gemächlichen Wachstumstempo die Zahl von drei Millionen Abonnenten erreichen, die Sie benötigen?

Schmidt:

Ihre Definition von "gemächlichem Wachstumstempo" entspricht wahrscheinlich nicht meiner, aber wir werden dann eine Prognose abgeben, wenn es dazu an der Zeit ist.

Derzeit machen Ihnen die Schatten der Vergangenheit zu schaffen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat fehlerhafte Angaben in den Geschäftsberichten des Sky-Vorgängers Premiere der Jahre 2007 und 2008 entdeckt, in denen der Firmenwert und die Kundenzahl Ihres Senders zu hoch angesetzt werden. Dem Kurs Ihrer Aktie war das nicht zuträglich. Klagen Ihrer Anleger sind Tür und Tor geöffnet.

Schmidt:

Wenn ich mir den Kurs unserer Aktie ansehe, kann ich ihre Aussage nicht nachvollziehen - seit der BaFin-Meldung ist unser Aktienkurs gestiegen. Der Vorgang selbst hat inzwischen eine zweijährige Historie, und um es zu betonen: Wir haben 2008 die Abonnenten neu klassifiziert, nicht korrigiert. Das geht in mancher Aufregung nur zu leicht unter. Und wir sind Quartal für Quartal auf Wachstumskurs.

Das wichtigste Zugpferd von Sky ist und bleibt die Fußball-Bundesliga. Richtig?

Schmidt:

Die Bundesliga ist für uns ein Leuchtturm. Aber unser Film- und insbesondere unser HD-Angebot werden für uns immer wichtiger. 90 000 neue HD-Kunden im dritten Quartal sprechen da eine deutliche Sprache, die Penetration bei unseren Abonnenten hat sich inzwischen verdoppelt. Unser Angebot umfasst jedoch eine Vielzahl von Produkten, ohne die ein erfolgreiches Sky nicht denkbar wäre.

Wenn dem so ist, warum bieten Sie dann die Bundesliga nur im Paket mit einem weiteren Angebot an, das nichts mit Fußball zu tun hat? Ihr Wettbewerber "Liga total", das Bundesliga-Angebot der Deutschen Telekom, bietet dagegen Fußball pur. Müssten Sie da nicht schleunigst nachziehen?

Schmidt:

Wenn ich richtig informiert bin, muss man "Entertain Pur" abonnieren, um "Liga total" zu bekommen. Unabhängig davon haben wir im Sommer 2009 eine neue Angebots- und Preisstruktur eingeführt, aus guten Gründen. Dabei ist "Sky Welt" als Einsteigerpaket das Angebot, welches von unseren Kunden am meisten genutzt wird. Wir wissen aus der Marktforschung, dass die 20 Sender, die wir dort anbieten, nicht nur gesehen, sondern auch geschätzt werden. Mit Sendern wie "TNT Serie", "Nat Geo Wild" oder den Disney-Sendern bieten wir ein perfektes Programm für die ganze Familie, und das ist uns wichtig. Auf diese Weise ist es uns gelungen, unsere Zielgruppe zu erweitern. Sky ist eben mehr als nur Fußball-Bundesliga.

Und "Liga total" tut Ihnen nicht weh?

Schmidt:

Wir sehen das sportlich.

War es aber nicht ein Fehler von Sky, sich die Rechte für das Internetfernsehen IPTV nicht gesichert zu haben, die dann an die Deutsche Telekom gingen?

Schmidt:

Dass wir uns damals nicht für die IPTV-Rechte entschieden hatten, lag auch daran, dass wir eine bestehende und funktionierende Kooperation mit der Deutschen Telekom hatten.

... deren IPTV-Angebot von Ihrem Sender produziert wurde.

Schmidt:

Wir hätten diese Partnerschaft gerne fortgesetzt. Die Telekom hat sich dann ein halbes Jahr später aber anders entschieden. Unser Wachstumspotenzial wird das nicht beeinträchtigen.

Werden Sie sich bei der nächsten Ausschreibung um IPTV-Rechte bewerben?

Schmidt:

Diese Frage stellt sich derzeit für uns noch nicht.

Dennoch wirft die nächste Vergaberunde im Herbst 2011 bereits ihre Schatten voraus. Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge will, dass Sky für die Bundesliga künftig 500 Millionen Euro zahlt, also etwa doppelt so viel wie bisher.

Schmidt:

Wir sind daran interessiert, dass der deutsche Fußball international wettbewerbsfähig bleibt. Uns helfen gesunde und erfolgreiche Klubs. Wir pflegen eine faire Partnerschaft mit der Liga. Rummenigges Forderung nehmen wir zur Kenntnis, nur beeinflusst sie uns nicht bei der Beurteilung unserer Handlungsoptionen. Ob wir künftig so viel zahlen wie bisher oder deutlich mehr, liegt nicht an uns. Es ist abhängig vom Zuschnitt der Ausschreibung, von der Wettbewerbssituation und von unseren Möglichkeiten, mit dem Fußball zu wachsen.

Haben Sie die Hoffnung endgültig aufgegeben, dass die "Sportschau" eines Tages erst nach 20 Uhr beginnen könnte?

Schmidt:

Mit der derzeitigen Rechtevergabe sind wir sehr zufrieden. Wir haben mit fünf Anstoßzeiten und über 27 Live-Stunden am Wochenende das beste Angebot im Markt, das von unseren Kunden eine überragende Anerkennung erfährt.

Ist bei der Aufsplitterung des Spieltags das Ende der Fahnenstange erreicht?

Schmidt:

Wir sind auch mit der derzeitigen Regelung der Spielansetzungen sehr zufrieden.

Nun gibt es auch Fußball-Manager, die sich Gedanken über einen ligaeigenen Fußball-Kanal machen, wenn es Sky einmal nicht mehr geben sollte. Irritiert Sie das?

Schmidt:

Es hat mich geärgert, dass sich schlecht informierte Leute in schwierigen Zeiten bemüßigt gefühlt haben, sich so zu äußern. Wichtig für uns war immer, dass das Top-Management der Liga stets gut informiert war und mit uns sehr gut zusammengearbeitet hat. Im Übrigen wird es kein Szenario nach Sky geben, weil Sky am Markt bleibt.

Wie sieht es mit anderen Sportarten aus? Wie zu hören ist, wollen Sie sich aus der Formel 1 zurückziehen, die im Free TV ja auch von RTL übertragen wird.

Schmidt:

Wir prüfen, ob wir unseren Vertrag mit der Formel 1 verlängern. Es gibt da noch keine Entscheidung. Wir müssen stets darauf achten, wie wir auch in Zukunft wachsen können. Wir schauen uns regelmäßig nach anderen Sportarten um, die aber auch gewisse Ansprüche erfüllen müssen: Sie müssen in unseren Märkten Deutschland und Österreich eine Relevanz haben, und sie müssen eine Exklusivität mit sich bringen. Wir werden auch in Zukunft immer mal wieder neue Sportarten in unserem Portfolio haben.

Wären die Olympischen Spiele etwas für Sie? Das IOC hat die Rechte für die Spiele 2014 nicht an die öffentlich-rechtliche Europäische Rundfunkunion, sondern an die Agentur Sportfive vergeben.

Schmidt:

Wir stehen in einem regelmäßigen Austausch mit unseren Sky-Kollegen in anderen Ländern, die für ihre Sender die Rechte an den Spielen erworben haben. Wir haben ein Angebot für die Olympischen Spiele abgegeben. Derzeit ist ihre Vermarktung aber bis auf Weiteres ausgesetzt. Die Spiele sind für uns interessant, aber derzeit beschäftigen uns andere Themen.

3-D ist ein großes Thema. Zuletzt haben Sie DFB-Pokalspiele in diesem Format gezeigt. Sehen Sie einen Massenmarkt?

Schmidt:

Wir rechnen mit etwa 150 000 3-D-fähigen TV-Haushalten im Anschluss an das diesjährige Weihnachtsgeschäft. Derzeit sind es etwa 40 000. Ab der Rückrunde zeigen wir an jedem Sonntag ein Bundesligaspiel in 3-D, was die positive Entwicklung sicher weiter stärken wird.

Wie sieht es mit Übertragungen für mobile Endgeräte aus?

Schmidt:

Wir sind mit unserem Angebot für das iPad sehr zufrieden. Über 60 000 Sky-Sport-Apps wurden bereits heruntergeladen. Damit zählen wir zu den Top-Apps im Markt. Und ebenfalls beachtlich, seit Montagabend wurde unser neues HD-Feature 15 000-mal heruntergeladen. Unsere Angebote für mobile Endgeräte verstehen wir als Teil unserer Strategie, Sky überall anzubieten, wo es unsere Kunden wünschen. Auch dadurch entwickelt sich Sky immer mehr zur Lifestyle-Marke, und das ist gut so.