Mit einem Dreierpack beendet Mario Gomez seine Torflaute. Von van Gaal bekommt er eine vorläufige Startelfgarantie

München. Der Vergleich war recht weit hergeholt, den wirklichen Befindlichkeiten konnte er auch nicht standhalten. Was sind schon acht torlose Monate im Gegensatz zu 69 Tagen in einer verschütteten Mine? Aber die Worte von Mario Gomez besagten viel über seinen Gemütszustand. "Ich muss mich bei den Bergleuten in Chile bedanken", sagte er mit einer Spur zu viel Pathos. Und es sei "Schicksal und nicht Zufall" gewesen, dass gerade er, der seit Monaten Glücklose, alle drei Tore beim 3:0 (1:0) des FC Bayern gegen Hannover 96 erzielt hatte.

Recht unschöne Schlagzeilen hatten Gomez' vergangene Monate bestimmt. Als Chancentod wurde er betitelt und dass er es einfach nicht packe beim FC Bayern, so war der Tenor. Am Samstagnachmittag nach beendetem Arbeitstag nun stand Gomez in den Katakomben der Münchner Arena, er stützte sich lässig auf seinen roten Koffer und plauderte über seine Vorahnung, die er vor der Partie gegen Hannover hatte. Einer der beim Grubenunglück in Chile unter der Woche geretteten Kumpel heißt ebenfalls Mario Gomez. Als er "das mitbekommen habe, war mir klar, dass dieses Spiel heute für mich laufen wird". Und überhaupt, alle jene Zahlenparallelen, die da auch noch mitspielten: Insgesamt wurden 33 Männer in Südamerika nach 69 Tagen in der Dunkelheit gerettet. Gomez trägt die Rückennummer 33, dann ging es auch noch gegen 96. Das alles sei schon "ein bisschen Hokuspokus", räumte Gomez denn auch ein.

Fakt ist, dass er der Gewinner der Verletztenmisere in München ist. Mangels gesunder Alternativen - Miroslav Klose und Ivica Olic kamen mit Blessuren von ihren Länderspieleinsätzen zurück - hatte ihn van Gaal zum zweiten Mal in dieser Saison von Beginn an spielen lassen. Manche werteten das schon als letzte Chance für Gomez. Insofern sind seine drei Tore (21./77./90.) so etwas wie ein Befreiungsschlag. Es war das erste Mal, dass er im Bayern-Dress mehr als einen Ligatreffer erzielte, überhaupt waren es die ersten Stürmertore der Münchner Titelverteidiger in dieser Bundesligasaison.

"Ich bin sehr froh, dass Mario drei Tore gemacht hat", lobte auch Trainer Louis van Gaal, "weil es für sein Vertrauen sehr wichtig ist. Und das ist auch wichtig für Bayern München." Besonders der zweite Treffer, bei dem zwar ein klares Handspiel nicht abgepfiffen wurde, sich Gomez aber dann gegen mehrere Gegenspieler durchsetzte und dann mit einem wuchtigen Linksschuss abschloss, hatte van Gaal gefallen. "Das ist seine Qualität. Und wenn er Vertrauen hat, macht er solche Tore." Für die nächsten Spiele jedenfalls stattete er seinen Stürmer mit einer Startelfgarantie aus. "Gomez kann noch sehr wichtig in den kommenden Wochen sein", sagte van Gaal. "Einen Spieler, der drei Tore macht, werde ich sicher nicht wechseln."

Im Sommer noch war Gomez bei den Vereinsoberen vorstellig gewesen. Er wollte weg, ein Ausleihgeschäft zum FC Liverpool stand im Raum, weil er das Gefühl hatte, dass seine Dienste nicht genügend gebraucht werden. "Ich bin beim besten Klub der Welt", hat er damals gesagt, "aber ich habe nur Spaß daran, wenn ich spielen darf, wenn ich dazu beitragen kann, dass wir Erfolg haben." Doch die Vereinsoberen votierten dagegen. "Ich habe immer an Mario Gomez geglaubt", sagt nun Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Er halte ihn gar "für den komplettesten Stürmer, den wir haben."

Das Image, das Gomez bislang in München hatte, ist dennoch eher das des nächsten Hochtalentierten, der am Druck beim FC Bayern scheitert. Dabei hatte er auch im vergangenen Jahr eine gute Phase mit zehn Toren in 15 Spielen gehabt. "Er hat bisher in München ein Wechselbad der Gefühle erlebt", sagt Sportdirektor Christian Nerlinger.

Vor allem jene ihm oft zuerkannte Reservistenrolle liegt ihm nicht. "Ich bin kein Spieler, der in fünf Minuten glänzen kann, sondern der, der sich in ein Spiel hineinfightet und hineinspielt, der sich seine Chancen erarbeitet", sagt Gomez. Gegen Hannover hatten die Münchner nach 21 Minuten die erste Tormöglichkeit. Gomez verwertete sie zum 1:0. Wenn er bei einem Kurzeinsatz über 20 Minuten keine Chance bekomme, referierte er im Anschluss "dann geh ich wieder als Loser nach Hause". Aber er habe immer gewusst, was er könne. "Wenn ich fit bin, dann werde ich meine Tore machen."

Trotz seiner persönlichen Wideraufstehung weiß auch Gomez, dass die Situation des FC Bayern in der Liga nach wie vor nicht den eigenen Ansprüchen entspricht. Zehn Punkte ist Tabellenprimus Dortmund noch voraus. "Wir stehen immer noch miserabel da", sagte er. Doch die Branche sei schnelllebig, Gomez kennt die Gesetzmäßigkeiten: "Jetzt bin ich plötzlich wieder mittendrin, das genieße ich."